STUSS
     MUND

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31.01.22 28.01.22 25.01.22 22.01.22 19.01.22 16.01.22 13.01.22 10.01.22 07.01.22 04.01.22
STUSS DIAGRAMM.

Nach wie vor gilt, wer hat, dem wird gegeben und wer wenig hat, von dem wird genommen. Insofern sollte die neue Vorsitzende der Grünen, ihre kühne Ansage, dass es sich bei ihrer Partei um eine Partei handeln würde, die den Menschen etwas zumuten würde, dahin gehend korrigieren, dass ihre Partei den weniger wohlhabenden Menschen noch mehr zumutet. Mit genug Geld im Portemonnaie, wird munter weiter geheizt, geflogen und mit komfortablen Autos durch die Gegend gefahren, aber da, wo das Geld in der Haushaltskasse eh schon knapp war und nun noch knapper geworden ist, hilft nur noch ganz warm anziehen. Das Energiesparpotenzial der bisher beschlossenen Maßnahmen ist nicht nur beschämend gering, sondern auch beschämend unsozial. Mal ganz zu schweigen von der immer noch nicht durch gesetzten Geschwindigkeitsbegrenzung, die Ökopartei weigert sich konsequent, endlich dort Sparmaßnahmen einzufordern, wo sie wirklich wirksam sind. Trotz alle dem freut sich die neue Vorsitzende, dass ihre Partei nun endlich wieder mit gestalten kann, egal was. Solange nicht ein CO2 Pass mit Kontingentbeschränkung, für jeden Bürger und jede Bürgerin eingeführt wird, werden wohlhabende Menschen die Umwelt weiter überproportional schädigen und es noch nicht mal merken, denn es kommt nicht nur auf das wie, sondern auch auf das wie viel an. So schön kann Grün sein, aber richtig schön ist Grün nur in der Opposition und das ein Teil des Regierungspersonals noch etwas grün hinter den Ohren ist, macht die Sache auch nicht besser.

Natürlich waren wir felsenfest davon überzeugt, dass unsere Ansichten die einzig richtigen waren. Das diese Hinterwäldler vielleicht auch ein Anrecht auf ihre Sicht der Dinge hatten, kam uns nicht in den Sinn und obwohl wir als Gäste in ihr Land kamen, respektierten wir ihre Sitten nicht, sondern entfalteten uns ganz und gar frei. Nackt baden, öffentliche Zärtlichkeiten sexueller Natur, alles völlig verpönt in unserer Urlaubsregion, wir hatten einfach ein Anrecht darauf. Heute würde ich es Kulturimperialismus nennen und nur unsere jugendliche Unbedarftheit entschuldigt dieses Benehmen ein bisschen. Mikis war das alles ziemlich egal, er pflegte seine Verhältnisse mit jährlich wechselnden Touristinnen und zuallererst war er Geschäftsmann. So sorgte er denn, mit ein paar Gesprächen an der richtigen Stelle dafür, dass der etwas beschränkte Adonis nicht mehr am Strand auftauchte und in der touristischen Idylle von Agia Ana kehrte wieder Frieden ein. Wir genossen die Kilometer langen Sandstrände, sammelten Muscheln und bestaunten die wenigen Einheimischen, die uns in der Einsamkeit begegneten. Überwiegend Männer, die auf Maultieren ritten und hinter ihnen schleppte eine schwarz gewandete Frau, imponierende Lasten aller Art auf ihrem Rücken, das regte mich jedes mal auf. Als HaHe alle Strände hinter Agia Ana erforscht hatte, bis zu einer Stelle, an der er nicht mehr weiter kam, begab er sich auf eine einwöchige Wanderschaft und Moni aus Hamburg Eppendorf, zog an seiner statt in unser Apartment ein. Moni war genauso langhaarig und blond wie ich und es war unmöglich den Griechen auszureden, dass wir keine Schwestern waren. Wie ich auch, hatte Moni schon die Erfahrung gemacht, Goldie genannt zu werden und dass ihr auf der Straße einfach in die Haare gegriffen wurde. Mit HaHe zusammen war das kein Problem, kein Goldie und kein Griff in die goldenen Haare, aber dafür Freigetränke ohne Ende. Wir machten uns einen Spaß daraus und ließen es offen, wer von uns denn nun mit HaHe liiert war. Als HaHe auf Wanderschaft ging, sprang Ian ein und wir feierten in seiner Begleitung weiter. Isa war nicht wirklich begeistert von diesem Arrangement, aber Ian amüsierte es königlich und obwohl er es ganz bestimmt nicht nötig hatte frei gehalten zu werden, musste er auch nicht widersprechen. Seit diesen Nächten, in den Tavernen am Strand von Agia Ana weiß ich, dass Blond blöd macht, nur nicht Blondinen.

Im Nebel kann man nicht stochern.

SCHNACK AUTOMAT.

Wind, Nacht, abnehmender Mond, so lautet die aktuelle Standortanalyse meines Wetterprogramms und das Windsymbol ist wirklich schön. Schön wie der Wind, der unterm Blätterbogen der Hohlwege schwieg und an den Zufahrten der Felder wild sang. Ich kletterte auf das Gatter und der Wind ließ sich reiten. So flog ich denn über die wilden Weiten der Feldmark. Jahre später war es wieder der Wind, der in den Kaminen meines alten Hauses singt und unten am Hafenrand, steigt der Wasserstand signifikant. Mit dem Wind muss man tanzen, denn der Wind küsst das Leben, die Erde, das Wasser und den Himmel, weil man ihn nicht wirklich fangen kann.

Am 31.01. 2022 geht es weiter.

Auf der Seite des Recht zu sein, bedeutet nicht Recht zu haben.

SECOND END.

Wo kommen eigentlich all die Testsets her, die ständig in Chinas Millionen Städten eingesetzt werden, um die Einwohner und Einwohnerinnen dieser Städte komplett durch zu testen? Wahrscheinlich werden die Testsets im Land der unbegrenzten Testmöglichkeiten selber hergestellt und verbleiben auch dort. So mutierte die hochgelobte, den Gewinn steigernde Lieferkette, zu einem Würgehalsband, weswegen sie mal ganz schnell abgelegt werden sollte. Das Virus weist den Weg, weg von Umweltschädlichen, rund um die Welt gespannten Lieferketten, hin zu Abnehmer nahen, die Umwelt schonenden Produktionsstätten, denn wir brauchen nicht nur viel mehr Testsets, wir sollten sie auch gleich selber herstellen. Weit davon entfernt, beschönigen spitzfindige Erklärungen unseres Führungspersonals, den selbstverschuldeten Mangel, der erst ganze Industriezweige sterben ließ und dann das Gemeinwesen abhängig machte, von Gesellschaften mit völlig anderer Ausrichtung. Wandel durch Wirtschaft ist halt keine Einbahnstraße und funktioniert in beide Richtungen. Wer nun auf der richtigen Seite stehen will, eröffnet ein Testcenter und hofft auf schnellen Nachschub und schnellen Gewinn, aber wenn nichts mehr hilft, helfen Phantom und Placebotests und darum müssen auch Testcenter getestet werden. Wer nicht testet, wird getestet und wer testet wird ebenfalls getestet. Im Testmodus dreht sich ein Test um den nächsten Test und Ungetestete müssen draußen bleiben, das nennt sich dann Stresstest, aber unverhofft kommt es zum Testmoratorium, denn es gibt keine Tests mehr.

Das in den Dünen hinterm Strand heftig abgespannt wurde, war allgemein bekannt. Es lag erst ein paar Jahre zurück, dass die Fähren Naxos fast ausschließlich wegen seiner landwirtschaftlichen Erzeugnisse angelaufen hatten und außerhalb der keinen Hafen und Hauptstadt, hatten Touristen immer noch Seltenheitswert. So etwas wie Splitterfaser nackte Frauen, die in diesem Zustand nicht nur im Meer badeten, sondern auch am Strand rum lagen, waren schon eine, wenn auch nicht ganz koschere Attraktion. Der größte Teil der bäuerlichen Inselbevölkerung war sehr gläubig und vertraute den allgegenwärtigen Priestern der griechisch orthodoxen Kirche, die solche Sitten gar nicht gut hießen. Frauen waren entweder verheiratet oder verwitwet, oder sie wurden von ihrer Familie beaufsichtigt, aber sie reisten keinesfalls, wohl möglich unverheiratet, mit Männern durch die Welt und bewegten sich nackt am Strand. Die studierte, aber unverheiratete junge Frau, die im Hinterzimmer des kleinen Ladens, indem ich mit das silberne Delphin Armband gekauft hatte, damit beschäftigt wurde, bunte Kleider für Touristinnen zu nähen, war nichts besonders ungewöhnliches. Als mein Mitbewohner Karl, ein paar Jahre später, im Zuge seiner Diplomarbeit, für ein Jahr auf eine griechischen Mittelmeerinsel ging, um dort den Untergrund zu kartieren und nach Wasser zu suchen, lernte er in den griechischen Sommerferien, eine Lehrerin aus Athen kennen. Die Lehrerin war auf Besuch bei ihrer Familie, über dreißig Jahre alt und lebte schon seit längerem selbstständig in Athen. Karl und die Lehrerin mochten sich, in Karls Freizeit tourten sie mit seinem Auto über die Insel, besichtigten Sehenswürdigkeiten und gingen essen. Die Treffen gestalteten sich stets ein wenig konspirativ, denn die Lehrerin war unverheiratet. Irgendwie tauchte doch fast immer ein männlicher Verwandter der Lehrerin auf und es gelang ihnen nur sehr selten, mal ganz ungestört zu sein. Um so mehr freuten sie sich auf die Rückfahrt der Lehrerin nach Athen, denn Karl würde die selbe Fähre nehmen, da er sowieso ein paar Ding in Athen zu erledigen hatte. Obwohl sie kein Wort darüber verloren hatten, kam die Familie der Lehrerin doch dahinter, wahrscheinlich hatte jemand im Ticket Office gepetzt und als sie an Bord der Fähre waren, entdeckten sie, dass die Familie einen Bruder der Lehrerin mit auf die Überfahrt nach Athen geschickt hatte.

Nach Punkten kann man siegen, aber keine Herzen erobern.

QUACK BIER.

Seit es immer wieder Lockerungen gibt, sitzen zunehmend mehr Schrauben locker und wer sich mal locker machen will, sollte vorher einige Lockerungsübungen absolvieren, denn locker war mal. Darunter leiden ganz besonders die handelsüblichen Verlockungen, denn locken ohne Lockerung funktioniert nicht. So wird der Weg aus dem Lockerungsdown denn noch ein langer sein und die Lockungen am Wegesrand müssen noch eine Weile warten. Aus Wartezimmern wurden ganze Wartebereiche und wo das auch nicht mehr ausreicht, gibt es Wartelisten. Wir warten ab und trinken, nicht nur Tee, denn warten ist auch mit Wartung verwand und das kann ja nicht schaden. Wartungscenter sind allerdings keine Wartecenter, denn zum Center hat es das Warten noch nicht gebracht und obwohl es Wartungstechniker und Wartungstechnikerinnen gibt, gibt es keine Wartetechniker oder Wartetechnikerinnen. Auf die hohe Warte kann man es trotzdem schaffen, gute Aussichten werden aber nicht garantiert. Alldieweil geht im Wartehäuschen die Post ab, auf die man meistens auch warten muss, denn das Zeitfenster ist zu einem Panoramafenster der XXL Klasse mutiert. Die Zeit selber tangiert das nicht, sie ist im Überfluss vorhanden und muss nicht mal gewartet werden und wenn sie über ein schwarzes Loch stolpert, bindet sie sich eine Schleife und lacht. Echte Profis schaffen sich eine Warteschlange an, denn die ist lange nicht so wartungsintensiv, wie eine echte Anakonda.

Ich zog es vor Schwimmen zu gehen, HaHe war mit ein paar Tonscherben undefinierbaren Alters vom Schnorcheln zurück gekehrt, die er Ian zur Begutachtung vorlegte und der Ouzo Hippie machte seinem Namen, trotz eines ausgiebigen Mittagsschlaf, olfaktorisch alle Ehre. Dieses Gemisch war mir ein wenig zu explosiv. Die Tonscherben, sofern sie denn wirklich antik waren, durften auf keinen Fall ausgeführt werden und Ian würde HaHe bestimmt darauf hinweisen, was HaHes Laune nicht heben würde und der immer noch stark alkoholisierte Ouzo Hippie bot sich als Blitzableiter nur so an. Ich wusste aber auch, dass Ian einschreiten würde, wenn HaHe es mit seinen Provokationen übertreiben sollte und auf einen Schlagabtausch zwischen HaHe und Ian war ich nicht erpicht. Am Strand war ich allein, die wenigen Tagestouristen waren schon lange nach Naxos Hauptort zurück gekehrt, die Hippies relaxten in ihren provisorischen Hütten und die etwas betuchteren Touristen machten sich in den dreiviertelfertigen Apartments, in den Dünen des Hinterlands, für die Nacht in Agia Anas drei Tavernen ausgefein. Leise plätscherten die Wellen an den Strand, in der Ferne bellten ein paar wilde Hunde und auf der anderen Seite des Wassers verschwammen die letzten Konturen von Paros in der Dämmerung. Er war nackt, dass Haupt von langen schwarzen Locken umrahmt und als er sich aus der Dämmerung kristallisierte, machte ich mich ganz schnell auf den Weg. Der junge Mann war bekannt dafür, sich auf Haaresbreite neben Touristinnen niederzulassen, die er zwar nicht anfasste, aber umso intensiver anstarrte. Obwohl er wirklich hübsch anzusehen war, war seine eingeschränkte Geistesverfassung nicht zu übersehen und auch Blicke können durchaus unangenehm sein. Bei Mikis, der Anlaufstelle und Schnittstelle, für die Touristen und die Einheimischen war, hatten sich schon mehrere junge Frauen über den leicht debilen Adonis beschwert. Aber auch die Einheimischen waren nicht unbedingt einverstanden, mit dem Benehmen des jungen Mannes, obwohl sie ganz bestimmt keine besonders hohe Meinung von den spärlich, bis überhaupt nicht bekleideten Touristinnen hatten, legten sie Wert auf die Einnahmen durch den Tourismus und wussten, dass der junge Mann, den die meisten von ihnen seit seiner Kindheit kannten, nicht ganz zurechnungsfähig war.

Locker kommt nicht von Lockerung.

SCHRAT WANDERUNG.

Wahrscheinlich ist dieses Land zu groß und dann doch wieder zu klein, um wirklich relevant zu sein. Trotzdem gilt es Kurs zu halten, denn von den Ostermärschen der frühem Jahre, bis zur Klimabewegung unserer Tage gilt, Frieden ist das höchste Gut. Ohne Frieden geht auf die Dauer gar nichts und nur wer den Frieden hält gewinnt. Die schönste Schwester der Meinungsfreiheit ist die Toleranz und wer nicht tolerant sein will, wird letztendlich untergehen. Man darf seine Gegner hassen, aber den Dialog mit ihnen niemals verweigern, denn nur die Sprache verbindet uns. Wir werden kein Stück weiter kommen, wenn wir nicht endlich einsehen, dass hassen völlig sinnlos ist, was uns weiter bringt, ist der Mut neue Wege auszuprobieren. Da flieht der Hase in den Pfeffer und unweigerlich gerät der Kapitalismus auf den Prüfstand, weil er nicht nur eine Wirtschaftsordnung, sondern eine Weltordnung ist, die es geschafft hat, in kürzester Zeit unseren Heimatplaneten komplett zu ruinieren. Das Artensterben, die Klimakatastrophe, Dürre und Starkregen, Monsterstürme, nie gesehene Sturmfluten und munter mutierende Vieren, sind eine Folge der Arroganz sogenannter Wirtschaftsführer, denen es ganz elementar an Mitgefühl mangelt und die zugunsten ihrer persönlichen Bereicherung jegliche Verantwortung haben fahren lassen. Völlig ungerührt geht die Welt nicht mal in Schönheit zu Grunde, denn retten können wir uns sowieso nur selbst. Letztendlich geht es nicht um Schuld und auch nicht um Vergebung, es geht nur um Überleben und darum wie wir überleben werden, mit denen die wir lieben.

Ein paar Behördenbriefe aus Groß Britannien, waren nach ausgiebiger Odyssee in Agia Ana angekommen und Ian setzte sich in die Ente, fuhr nach Naxos Hauptort und blieb ein paar Tage dort. Die toten Feuerquallen vertrockneten am Strand, HaHe ging wieder mit dem Pärchen aus Ulm auf Exkursion und etliche Buchten weiter fanden sie ein untergegangenes Dorf, direkt vorm breiten, weißen Traumstrand. Schnorchelnder Weise zogen sie allerhand Tonscherben vom Meeresgrund und als ich HaHe darauf aufmerksam machte, dass antike Fundstücke nicht aus Griechenland ausgeführt werden dürften, reagierte er erstaunlich schmallippig. Danach verlegte er sich auf Schwämme, gemeinsam mit dem Pärchen aus Ulm schnitten sie die, von einer teerschwarzen Haut geschützten Schwämme vom Meeresboden los und brachten sie an Land. Die Schwämme stanken ganz fürchterlich und sie wimmelten von Leben. Dann musste die teerschwarze Haut von den Schwämmen geknetet werden und das Universum der in ihnen lebenden Kleinlebewesen gleich mit hinaus. Besonders schön fand ich das nicht. Stundenlang knetete ich einen Schwamm frei und der Schwamm liegt noch heute, völlig unbenutzt und ganz und gar perfekt in meinem Badezimmerschrank. Ian kam aus Naxos Hauptort zurück und lud uns schon beim Frühstück ein, den Abend mit ihm, ganz und gar Party mäßig zu verbringen. Er hatte ein Bild verkauft und abzüglich von dem, was seine Agentin in London für ihre Bemühungen bekommen hatte, war immer noch richtig viel Geld bei Ian angekommen. Der erste dem das zu Gute kam war der Ouzo Hippie, erst füllte Ian ihn Gnadenlos ab und dann brachte er ihn in seine Strandhütte zurück. Von Mikis erfuhren wir später, dass Ian dem Ouzo Hippie ein kleines, noch etwas unfertiges Apartment, im Hinterland von Agia Ana gekauft hatte. HaHe war wieder Schnorcheln und unterm Schilfdach auf der Terrasse von Mikis Taverne, klapperten die Würfel übers Backgammon Brett. Ian ließ den Ouzo in Halbliterkannen auffahren, aber ich blieb lieber erst mal beim schwarzen Tee. Bevor die Sonne unterging, stand der Ouzo Hippie wieder unterm Schilfdach von Mikis Terrasse.

Wogen kann man nicht glätten, man muss sie reiten.

ERD PAPIERE.

Schwindlig wird mir von der Vorstellung, dass wir alle Aktionäre werden sollen, um im Alter sicher versorgt zu sein. Im Wirtschaftssystem unserer Tage, auch Kasino Kapitalismus genannt, ist Aktie ein Synonym für Ausbeutung und wenn ich nicht alles falsch verstanden habe, sollen wir also alle Ausbeuter oder Ausbeuterinnen werden. Das wir mal als Beutemacher auf zwei Beinen angefangen haben, ist nicht von der Hand zu weisen, aber wider besseres Wissen, müssen wir ja nicht ewig so weiter machen. Hinzu kommt, dass Aktien nicht vom Himmel fallen, sondern gekauft werden müssen und da beißt sich der Kapitalismus in den Schwanz. Hast du was, bist du was und wirst du was und hast du nichts, wirst du nichts, so einfach und so hässlich ist das. Von einem wirklichen Reformvorhaben erwarte ich etwas anderes, nichts gegen Aktien, aber sie müssen gerecht verteilt werden und nicht an den oder die Meistbietenden verschachert werden. Mit den steigenden Energiekosten, angeblich zum Wohle des Klimas, ist das nicht anders. Die, die wenig haben und deswegen sowieso wenig verbrauchen, werden am heftigsten von den explodierenden Energiekosten getroffen, entsprechend minimal ist das Einsparpotential, aber die, die sowieso viel zu viel verbrauchen, wie Vielflieger und Privatflieger, Kreuzfahrer, Luxusurlauber, PS Fetischisten, Partymacher, Immobilien und Trophäensammler, und, und, und, zahlen einfach mehr und schaden dem Klima munter weiter. Das nennt sich dann Klimagerechtigkeit, fangt endlich da an, wo es wirklich was bringt.

Als die Sonne wieder aufging, nahmen wir ein letztes Bad im Marmormeer und dann steuerte Ian die Ente zurück nach Agia Ana. Dort schliefen wir bis zum späten Nachmittag aus. HaHe war ein wenig verstimmt und machte sich sofort auf den Weg zum Strand, seine Freunde aus Ulm treffen oder sonst wen, aber ich war immer noch beschwingt von der zauberhaften Nacht bei Aphrodites Marmorbadewanne. Die griechischen Göttersagen waren ein wesentlicher Bestandteil meiner Kindheitslektüre gewesen. Seit ich Lesen gelernt hatte, stand mir der gesamte Bücherbestand meines Elternhauses zur freien Verfügung und dazu gehörten etliche Bände, die sich mit dem, nicht immer ganz jugendfreien Treiben, der Götter und Göttinnen des alten Hellas befassten. Die meisten dieser Werke stammten noch aus den Beständen meines Großvaters und Urgroßvaters väterlicherseits und das meiste von dem was ich las, einfach weil ich lesen konnte, verstand ich damals noch gar nicht, aber es faszinierte mich. So gehörten denn der untreue Göttervater Zeus und seine eifersüchtige Gemahlin Hera, die blauäugige, aus dem Kopf ihres Vaters geborene Athene, der perfekte Apollon und seine im Geist ewig jungfräuliche Schwester Artemis, die schöne Aphrodite und ihr klumpfüßiger Gemahl Hephaistos, Hermes mit den Flügelschuhen und die Helden der Argo, zu den beständigen Begleitern meiner Kindheit. Ich duschte ausgiebig, zog wieder das lange Sternenkleid aus Amsterdam an und machte mich durch die Dünen auf den Weg zu Mikis Taverne. Die warme, salzige Luft war so traumhaft mittelmeerisch, zarte Ausläufer des Meltini wühlten in meinen Haaren, aber wie jedes Mal wieder, irritierten mich die einheimischen Pärchen, die meinen Weg kreuzten. Ein Mann auf einem Esel ritt voran und eine Frau, beladener noch als der Esel, folgte ihm. Wenn ich mit HaHe darüber reden wollte, lachte er mich aus und redete von kulturellen Unterschieden. Das konnte ich durchaus auch erkennen, aber ich weigerte mich es anzuerkennen. Dann stritten wir uns, wie jeden Tag wieder und das war gar nicht schlimm, denn wenn wir uns nicht gestritten hätten, hätten wir uns gelangweilt.

Wer die Dinge sauber voneinander trennt, tötet sie.

SCHRECK ROOM.

In der guten alten Zeit, als Kontaktbereichsbeamte noch dafür zuständig waren Kontakte zu halten und nicht zu beschränken, war die Welt zwar auch nicht in Ordnung, aber Kontakttagebücher führten nur Angeber, die sich mit ihren Kontakten schmücken wollten. Kontaktarmut galt im besten Fall als persönliches Problem und im schlechtesten Fall als psychische Störung. Mittlerweile gilt Kontaktarmut als Gesundheitsfördernd und vermehrte Kontakte als Gesundheitsschädlich. Da hilft auch kein Kontaktspray mehr und Kontaktsport ist sowieso verboten, dafür boomen virtuelle Kontaktbörsen und Kontaktanbahnungen, denn Kontakte müssen akribisch geplant und dokumentiert werden. Frei wie der Wind sind nur noch Birkenpollen und die Samen des Löwenzahn mit ihren Flugschirmen und ob das in China auch noch so ist, darf bezweifelt werden. So wanderten die Kontakte denn aus in die virtuelle Welt, vermehrten sich mit den Schwingen der Algorithmen, noch schneller als der Wind, entzogen sich jeglicher Kontrolle und wirkten schädlicher als je zuvor. Entscheidend war nur noch etwas zu sagen und nicht mehr etwas zu sagen zu haben. Überwältigt von einem Informationstsunami, ging die Wirklichkeit unter und ertrank in den Echoräumen der sozialen Medien. Sozial mutierte zu Klicks, Gefühle zu Emojis, aus viel wurde viel zu viel und die Masse übernahm das Ruder. So fängt Faschismus an.

Das Wasser war fast so warm wie die abendliche Luft, von wenig Streulicht gestört, funkelte der nächtliche Sternenhimmel und spiegelte sich im dunklen Meer. Ich schwamm durch den Sternenspiegel bis zu Aphrodites rosa Marmorbadewanne und dort blieb die Zeit einfach stehen, denn die Sterne am Himmel über Aphrodites Badewanne, hatten wahrscheinlich schon den Ausbruch des Vulkan von Santorin gesehen. Stierspringen auf Kreta, Agamemnon und Menelaos und ihren Krieg um eine abtrünnige Ehefrau, Achill und Odysseus, eher unfreiwillig in diesen Krieg hinein gezogen, genauso wie König Priamos, Hektor und seine Schwester die Seherin Kassandra. Paris, der über die Schönheit von Göttinnen entscheiden sollte, von Anfang an ein Himmelfahrtskommando und Helena, schön wie eine Göttin. Die sinnlos geopferte und dann gerettete Iphigenie, ihre Mutter die stolze Königin Klytämnestra und den wahnsinnig gewordenen Orest. Die Götter und Göttinnen selber, waren ja schon lange in den Sternenhimmel umgezogen und blickten von dort auf ihren funkelnden Glanz im Meer herab. Als mit kalt wurde schwamm ich zurück und zog das lange schwarze Sternenkleid mit seiner Goldstickerei an, das ich auf meiner ersten Reise mit HaHe, in Amsterdam erstanden hatte. Auf Ioannis Terrasse war es mittlerweile voller geworden, ein paar Hippies, die in der Gegend um Moutsouna sesshaft geworden waren und ein paar junge Griechen, die sich trauten mit den verrückten Touristen zu kommunizieren, hatten die Botschaft schnell mitbekommen. Die Wege des Buschfunk waren unergründlich aber erstaunlich effektiv, es gab keinen Strom, kein Telefon, nur reitende Boten, Rauchzeichen, Gerüchte, Brieftauben, Raben und Intuition und überall unwegsame Macchia. Am Feuer des Funken sprühenden Grill herrschten immer noch Ian und Ioannis Senior, aber direkt neben ihnen hatte Ioannis Junior sich nieder gelassen und spielte populäre Hippielieder auf seiner etwas verstimmten, akustischen Gitarre. Als er “Morning Has Broken“ von Cat Stevens anstimmte, setzte sich ein Hippie aus Holland dazu und unterstützte ihn mit seiner Gitarre und mit Gesang und er sang wirklich gut. Danach kam „Moonchild“ und auf Ioannis Terrasse tanzten die Hippiefrauen im Mondschein. HaHe rollte mit den Augen, die jungen Griechen tanzten mit und Isa und ich auch.

Wissen ist Macht und zu viel Wissen ist Ohnmacht.

ES TRÄNE.

Im Gegensatz zu Schnelltests, die ja wirklich schnell sind, wenn auch nicht immer sicher, wird es kein schnelles Ende der Pandemie geben. Schnellkochtöpfe bergen ebenfalls gewisse Risiken, ganz zu schweigen von schnellen Brütern, deren Ende immer dick ist, selbst wenn es schnell kommt. Geschwindigkeit ist eben doch Hexerei und schnelle Lösungen sind selten gute Lösungen, denn kurz und Schmerzlos heißt nicht schnell und Schmerzlos. Als man noch schnell mal los gehen konnte, um Zigaretten zu holen, konnte man auch ganz schnell mal verschwinden. Mit dem Verschwinden ist das immer noch so, aber es betrifft hauptsächliche solche, die gar nicht verschwinden wollen und wer keine Spuren in der digitalen Welt hinterlässt, lebt nicht in ihr. Fest steht, dass Stilikonen zeitlos sind und wer Zeit hat, hat viel Geld oder gar keins. Wir lassen den Geschwindigkeitsrausch ganz weit hinter uns zurück und lassen uns alle Zeit der Welt, denn ohne Zeit besteht die Welt nicht. So kann man die Zeit denn dehnen und stauchen, binden und schinden oder einfach fließen lassen, wie einen Fluss, der nicht begradigt ist und wer ganz sicher gehen will, lässt sich von einer Agentur für Zeitmanagement beraten. Nicht beantwortet ist hiermit die Frage, ob es sich bei einem Filmriss um einen Sprung in der Zeit handelt und warum Zeitlöcher und Tunnel zu spiraligem Design neigen.

Der Wirt Ioannis, trug bis zur Unkenntlichkeit des ursprünglichen Musters, verwaschene Bermudashorts und darüber eine stattliche, jedes Bären würdig, behaarte Wampe, an die er erst Ian und dann jeden von uns drückte. Solcherart in Empfang genommen, sanken wir fast bewusstlos, auf die kleinen, harten Stühle in Ioannis Taverne und dann stand auch schon die erste Ouzo Platte vor uns. Solcherart wiederbelebt stellte Ioannis uns Ioannis Junior vor, einen von der mittelmeerischen Sonne gegerbten Odysseus, dessen schwarze Korkenzieherlocken jeder Medusas alle Ehre gemacht hätten. Odysseus zwinkerte Isa und mit verschwörerisch zu, bevor er sich auf der Terrasse vor der Taverne, an einem ziemlich archaischen Grill zu schaffen machte. Der Ouzo Platte folgten winzig kleine, kross gebratene Fischlein, die nicht nur mit Haut und Haaren, sondern auch mit Kopf und Schuppen vertilgt werden sollten. Wider Erwarten schmeckten die kleinen Fische wirklich lecker und außerdem stand mittlerweile eine Platte mit Zaziki und Oliven auf dem Tisch. Wo nichts mehr hilft, helfen Oliven, Zaziki und Brot immer. Nach der dritten oder vierten, oder vielleicht auch fünften Ouzo Platte fingen Ioannis Senior und Ian an zu singen. Draußen auf der Terrasse vor der Taverne loderte das Feuer unterm Grill hoch und über der bunten, Gischt verhangenen Marmorpracht im Meer, ging die Sonne unter. Wir taumelten weg von den Ouzo Platten und den sentimentalen Gesängen, die Ioannis Senior und Ian im Inneren der Taverne immer noch anstimmten, hinaus in die Freiheit unterm endlosen Himmel auf der Terrasse. Odysseus hatte mehrere Tische zusammen geschoben und um die lange Tafel standen ganz klassische Spaghetti Gartenstühle, wie ich sie noch aus aus meiner Kindheit kannte. Immer wieder hatte ich beobachtet, wie die Plastikschnüre innerhalb kürzester Zeit, auf dem nackten Fleisch, der sommerlich unbekleideten Oberschenkel meiner Mutter und ihrer Freundinnen, ihre gruseligen Abdrücke hinterließen. Ich beschloss nochmal in Aphrodites Badewanne schwimmen zu gehen, aber bevor ich mich ins Meer hinaus begab, wagte ich mich zurück in die Taverne und bat Ian um den Schlüssel für die Ente, um mir ein Handtuch und wärmere Klamotten für den Abend zu holen.

Je schneller das Geld ist, umso teurer wird es.

BUTTER BOMBE.

Nach der Wahl ist es wieder wie vor der Wahl, die neue gewählte Führungsmannschaft eiert, wie schon die abgewählte, munter weiter durch die Pandemie. Dort wo die Verbreitung des unsichtbaren Feindes, nachweislich kaum statt findet, wo an Tischen mit ausreichend Abstand, Mundschutz bei Bewegungen durch den Raum und G2 Plus, gegessen wird, soll geschlossen werden, aber dort, wo der fiese Feind ganz bestimmt zuschlägt, wo unsolidarische Mitbürger ohne Mundschutz sitzen, oder der Mundschutz unter der Nase sitzt, wird nur sporadisch kontrolliert. Solange nicht alle öffentlichen Verkehrsmittel rigoros kontrolliert werden und nicht etwa von den dafür ganz und gar nicht prädestinierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, eben dieser Betriebe, sondern von der Bundespolizei und anderen stattlichen Sicherheitsorganen, wird Omikron seinen Siegeszug ungebremst fortsetzen. Von dem Salz verschmähenden Professor, hätte ich ein bisschen mehr Zivilcourage erwartet und nicht Macht konformes Leisetretertum. Mit einem kühnen Schwenk leiten wir über zu einem der beliebtesten und lukrativsten Spiele unserer Zeit. Wo zwei Teams gegeneinander antreten, bedarf es eines Spielmachers, einer Spielführerin, eines Kapitäns oder einer Kapitänin, denn ohne Führung funktioniert ein Team, genauso wenig wie die Demokratie.

Der Strand war nicht so weiß, so feinkörnig und so breit, wie in Agia Ana, er war mehr steinig und überall lauerten Seeigel. Wie Ian uns geraten hatte, behielten wir unsere Sandalen einfach an und staksten hinaus ins Meer, mitten zwischen die glänzenden Marmorsteine aller Größen. Manche waren so groß wie ein kleines, futuristisch rundgeschliffenes Einfamilienhaus, andere glichen Fabelfiguren oder luden zum Ausruhen auf ihren einladenden Rundungen ein. Am schönsten war die Badewanne, ein großer, farbig glänzender Marmorblock, in den das Meer eine Badewannen gleiche Vertiefung geschliffen hatte. Wir planschten darin herum und rund um uns leuchtete das türkisblaue Meer. Plätschernd und gurgelnd brachen die sommerlichen Wellen sich an den Marmorsteinen, ein paar Vögel am Wolkenlosen Himmel und am Hitze flirrenden Horizont kleine Segelschiffe. Mitten in das Götterbild, schwamm unter großen, weißen Segeln die Argo, beladen mit dem goldene Vlies eines göttlichen Widders, entführt und geraubt von Jason und Medea. Medea, Tochter des König Aietes von Kolchis und mächtige Zauberin zugleich, die sich dem Zauber der Liebe zwar hingeben wollte, aber nicht unterwerfen. So half sie denn Jason, in den sie sich verliebt hatte und den Helden der Argo, dass goldene Vlies aus dem Tempel ihres Vaters zu rauben und floh mit Jason und seinen Gefährten über das Meer nach Volos. Als Jason sie zu Gunsten seiner Machtambitionen betrog, opferte sie ihrer beider Kinder und machte sie gleichzeitig unsterblich, wofür sie bis in unsere Tage als böse Hexe verschrien wird. Zurück am Strand mussten wir Isa, die als einzige Ians Rat nicht befolgt hatte, barfuß ins Meer hinaus gelaufen war und in einen Seeigel getreten, einen ganzen Haufen Seeigelstacheln aus dem Fuß entfernen. Isas Fuß reagierte heftig auf die schwach giftigen Stacheln und nachdem wir alle Stacheln entfernt hatten und Isas Fuß, mit dem Material des uralten Erste Hilfe Koffer aus Ians Ente verbunden hatten, zwängten wir uns wieder in die Ente und Ian fuhr uns nach Moutsouna. Der Ort war völlig aus der Zeit gefallen, eine aufgegebene Seilbahn, die einst Bergbauprodukte transportiert hatte, Stille, Staub, vagabundierende Ziegen und eine offene Taverne, in der Ian mit offenen Armen empfangen wurde.

Über den Daumen peilt es sich nicht durch die Pandemie.

PÄRCHEN WALD.

So wie einst das Atom, in den sozialistischen Ländern auf der östlichen Seite des großen Schutzwalls, ein anderes war, als in den Ländern auf der westlichen Seite, ist es mittlerweile in den westlichen Ländern auch nicht mehr gleich. Von der Zauberhand europäischer Subventionspolitik berührt, ergrünte das Atom und wo es nicht ergrünte erzürnt es die Grünen, denn Grün ist auch nicht mehr, was es mal war aber kleine, grüne Männchen lauern wahrscheinlich immer noch in den unendlichen Weiten des Universum. Das ist ja nun sowieso nicht grün, nach dem bisherigen Stand der Erkenntnis, ein Wort das dringend auf seine Gendergerechtigkeit geprüft werden sollte, wird das Universum von schwarzer Materie beherrscht. Schwarzbären hätten trotzdem gerne mehr Grün und obwohl der Schwarzwald mehr grün als schwarz ist und Schwarzbrot sich grün nennen darf, gibt es zwar Grünkohl aber keine Grünkohlen und die Kohle bleibt schwarz. Schwarze Schafe müssen auch nicht grün werden, weil sie in der Wolle grün gefärbt sind und schwarze Schwäne wollen gar nicht grün werden, denn sie bevorzugen weiße Schwäne. Das man mit einer rosaroten Brille auf der Nase nicht schwarz malen kann, erschließt sich von selbst und wer nun sein Schwarzgeld grün waschen will, investiert in grüne Energie und schließt den Kreis.

So wie der Meltini oft tagelang dafür sorgte, dass die Fähren Naxos und die anderen Inseln der Kykladen, nicht mehr anlaufen konnten, sorgten die vor den Stränden treibenden Quallen dafür, dass es in vielen Buchten ebenfalls nicht mehr möglich war, im Meer zu baden. Ian, der nun schon seit etlichen Jahren seine Sommer auf Naxos verbrachte, wusste welche Buchten am wahrscheinlichsten von den verendenden Quallen verschont blieben und um ganz und gar auf Nummer Sicher zu gehen, schlug er einen Ausflug zur Ostküste der Insel vor. Die gesamte, touristisch überhaupt nicht erschlossene Ostküste der Insel, galt als Geheimtipp und Ian hatte da nochmal einen ganz besonderen Geheimtipp. Zu fünft zwängten wir uns in die Ente, Ian, seine aktuelle Flamme, eine Kunststudentin aus München, die sich Isa nannte, obwohl sie eigentlich Gertrud hieß, der Ouzo Hippie, HaHe und ich. Gefährlich schnaufend quälte die Ente sich über mittlere Bergkämme, ins überraschend grüne Landesinnere. So strahlend, geradezu aseptisch weiß, wie Naxos sich dem nicht weniger strahlend blauen Meer präsentierte, so fruchtbar grün war die Insel in ihrem Herzen. Von Naxos wurden massenweise Feldfrüchte, ganz besonders Kartoffeln, aufs Festland exportiert, was all die hochbeladenen Lastwagen am Hafen erklärte. Aber von Naxos kamen nicht nur Kartoffeln und Karotten, Tomaten, Paprika und Zwiebeln, sondern auch Marmor. Wo es im Herzen der Insel nicht grün war, sondern kahl und grau, wies Ian uns auf Marmorbrüche hin, die noch betrieben wurden oder schon stillgelegt waren. Inmitten all der Fruchtbarkeit lagen völlig tote Welten. Dann steuerte Ian die Ente wieder runter zum Meer und wir landeten an einem Strand, irgendwo zwischen Lionas, Moutsouna und Kanaki. Außer ein paar Einheimischen und ein paar Hippies und einer Taverne ohne Elektrizität, gab es dort nur das Meer und den Marmor und das war mehr als genug. Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende lang, hatte das salzige Meerwasser die Marmorblöcke, die keinesfalls nur weiß waren, sondern auch zartrosa, himmelblau und lindgrün, umschmeichelt und glatt gespült. Hier war die schaumgeborene Aphrodite den Wellen entstiegen, mit nichts bekleidet, als einer Kette rundgeschliffener Steine um den Hals.

Lieber hell sehen, als schwarz malen.