STUSS
     MUND

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22.12.20 19.12.20 16.12.20 13.12.20 10.12.20 07.12.20 04.12.20 01.12.20
MOGEL ZAREN.

Ohne Mutationen keine Menschheit und so macht das Virus denn Ernst und mutiert auf dem Weg zur Weltherrschaft. Mutieren oder stagnieren und wer nicht mutiert, verliert. Hinter der Kulturschranke gibt es keine Toleranz mehr und Virenkulturen wird jegliche Berechtigung zur Weiterentwicklung verweigert. So ignorieren wir denn die wahren Beherrscher unseres geliebten Heimatplaneten und gehen immer wieder in die Falle des Anthropismus und erkennen die Rechte der anderen Arten nicht an. Wir haben den Draht verloren, nicht zu uns, aber zu all den anderen Lebewesen um uns herum. Besternte Texte erzeugen keine besternte Umwelt, keinen Raum für wilde Katzen und Wölfe, für seltene Vögel, Mücken verseuchte Biotope in denen sich Schwarzstörche und Rotmilane tummeln. Vor dem Geschlecht kommt das Leben und das Leben stirbt aus.

An den Längswänden erloschen die Kerzen und nur noch die Teelichter Armada vor der Bühne erleuchtete den Theaterraum. Erstmal passierte gar nichts und die Zeit tröpfelte ein wenig schwerfällig vor sich hin, aber es blieb nicht lange still. Ein paar Zuschauer fingen an albern zu kichern, vermutlich wirkte die veredelte Kuvertüre mittlerweile. Vorm Vorhang auf der Bühne materialisierte sich ein merkwürdiges Wesen, ein bisschen Hund des Narren, ein bisschen balinesischer Barong, ein bisschen Drache und ein bisschen Hanuman. Das Fabelwesen zuckte in akrobatischen, fast irrwitzigen Verrenkungen herum und fing an merkwürdige Laute auszustoßen. Niemand lachte mehr. Langsam wurde der Vorhang hoch gezogen und wir sahen Charles, als Magier hinter einem Tisch, auf dem alle Symbole der vier Elemente des Tarot lagen. Hingebungsvoll zelebrierte Charles die vier Elemente und ließ nichts aus. Das verstörte Fabelwesen irrlichterte immer noch wild zuckend vor dem Tisch herum, bis Charles sich erbarmte, seinen Platz hinterm Tisch verließ, sich vor das verstörte Wessen hinhockte und es in die Arme nahm. Ein tiefer Seufzer vertrieb die bösen Geister und das Publikum atmete auf. In einem Kostüm als Herrin des Paradiesgartens, als Trumpfkarte Nummer Drei, kam Summer auf die Bühne und entführte das Fabelwesen, erst aus dem Rampenlicht und dann aus dem Bewusstsein der Zuschauer. Erstaunlicherweise moserte nicht mal HaHe. Hinter seinen Altartisch zurück gekehrt, breitete Charles die Arme aus und fing an, Rainer Maria Rilkes Gedicht vom Panter hinter den Gitterstäben seines Geheges zu rezitieren. Im Zuschauerraum weinte eine Frau und über die Bühne geisterte Pantergleich, das geliebte Tier meiner Kindheit, mein pechschwarzer Kater Romeo. Auf der Bühne standen mittlerweile, in ihren prächtigen, selbst genähten Kostümen, Charles vier Jahreszeitenfrauen. Sie zündeten ein Meer von Kerzen an, setzten sich, mit unter ihren fantastisch wallenden Gewändern verschränkten Beinen hin und strickten gemeinsam, nicht an einem Stück, aber zusammen. Ihr summender, brummender, ommender Hintergrundchor, hatte sich ganz diskret in den Vordergrund gesummt. So entließen sie den Panter in die lang ersehnte Freiheit und boten, dem langsam wieder zu sich kommenden Publikum, ihre Dienste als Kartenlegerinnen an. Das Angebot wurde begeistert wahr genommen und ich war mir ziemlich sicher, dass Charles Truppe ein oder zwei neue Anhängerinnen finden würde. Auch HaHe kam langsam wieder zu sich, dass irgendwelche Ingredienzien des Schokolandenkuchens, ihn auch nur im aller geringstem beeinflusst haben könnten, wies er weit von sich. So kam denn sein Zynismus immer mehr zurück, je weiter ich ihn vom Wirken der Tarot Theater Truppe weg schleppte. Hinter der Kreuzung Lippmanstraße / Eiflerstraße, bei der Feuerwache, bestand HaHe darauf, noch in die Juliusstraße abzubiegen und mit Söhnke einen Abstecher ins Golem zu machen. Ich ließ die beiden ihrer Wege ziehen und drehte kurzer Hand nochmal um, denn es interessierte mich schon, wie es in de Tarot Theater Truppe weiter gehen würde.

Lieber einstecken, als anstecken.

TANNEN FRITZEN.

Das Fortschritt auch Rückschritt sein kann, zeigt sich in den Zeiten der Coronakrise ganz deutlich. Dem Zeitalter der Wissenschaft, der durch Empirie bewiesenes, folgt das Zeitalter des Glaubens. Ich glaube also spinn ich. Schön wäre es, aber es ist gar nicht schön, sondern völlig unübersichtlich. Ganz und gar uneinsichtig, will das vermaledeite Virus nicht weichen, sondern mutiert unermüdlich. Wahrscheinlich steckt der Fehler wirklich im System und wir müssen das System ändern. Das System der unaufhörlichen Ausbeutung von allem durch alle ist ganz einfach falsch und führt in die Falle des unausrottbaren Virus. Das Virus ist nicht anders als wir und kennt keine Gnade, nur seinen eigenen Vorteil und unsere Unvernunft, ist der Vorteil des Virus. So kämpft Doktor van Helsing denn bis heute gegen die Windmühlenflügel der menschlichen Unvernunft.

Unübersehbar kannte nicht nur der Dackel Summer, sondern auch Thomas und genauso unübersehbar reagierte Summer überhaupt nicht erfreut, auf den Anblick des recht alkoholisierten Thomas, was Thomas jedoch völlig übersah. Freudestrahlend machte er Anstalten Summer zu umarmen und fing sich eine Ohrfeige ein. Unterm Tisch jaulte der Dackel, überm Tisch keifte Summer Thomas an, HaHe und Söhnke grinsten blöd und mir tat der Hund leid. Thomas Stimmung kippte blitzartig und mit etwas schwererer Zunge polterte er zurück. Als die beiden anfingen handgreiflich zu werden, mischten HaHe und Söhnke sich ein und versuchten Thomas und Summer zu trennen. Das war gar nicht so einfach, zwar gelang es HaHe und Söhnke, die beiden Streithammel körperlich zu trennen, aber die Auseinandersetzung blieb lautstark, bis Charles im Torweg erschien, ganz offensichtlich schon in seinem Kostüm als Trumpfkarte mit der Nummer eins, der Magier. Die wallenden grauen Locken trug er offen und mit einem goldenen Stirnband dekoriert, dazu ein schneeweißes, bodenlanges Gewand, das jedem Druiden zur Ehre gereicht hätte. Vervollständigt wurde das weiße Gewand durch einen scharlachroten Umhang mit Fledermausärmeln und der absolute Hit, war der Schlangenköpfige, goldene Gürtel. Ein Blick aus seinen Kajal umrandeten, jeder orientalischen Odaliske zur Ehre gereichenden Augen, genügte, Summer und Thomas wurden sofort ganz still und schrumpften sichtlich, aber HaHe und Söhnke sah man ihren Zwiespalt, zwischen Lachen über Charles Kostüm und Respekt vor seiner soeben deutlich demonstrierten Autorität, durchaus an. Salbungsvoll wie ein Geistlicher der evangelischen oder katholischen Kirche, entschuldigte Charles sich für den unangenehmen Vorfall und lud HaHe, Söhnke und sogar Thomas, zur unmittelbar bevorstehenden Aufführung des Tarot Theaters ein, ich besaß ja bereits eine Karte. Summer saß wieder auf ihrem Stuhl hinterm Kassentisch, der Dackel blieb bei ihr und Charles geleitete uns bis vor die Bühne des Tarot Theaters. Der Zuschauerraum war mit ungefähr dreißig Gästen, die es sich auf ausrangierten, extra breiten Kinosesseln der Luxusklasse, mit in die Sessellehnen integrierten Aschenbechern, gemütlich gemacht hatten, gut gefüllt. Zwar war der dunkelrote Samtbezug der Sessel schon ziemlich verschlissen, aber sie waren immer noch super bequem. Elektrisches Licht gab es nicht, satt dessen brannten unzählige Teelichter vor der Bühne und an den beiden Längswänden waren mehrarmige Kerzenleuchter angebracht, die ihre warmes Licht verstrahlten. Es roch nach Kerzenwachs, Weihrauch, Patschouli, Sandelholz, Schokolade und Cannabis und ein bisschen nach Katzenpisse. Charles wies uns Plätze in der ersten Reihe, direkt vor der Bühne zu. Wie etliche andere Gäste auch, rauchten wir und zu mindestens den Schokoladengeruch konnte ich mir erklären, denn Springtime mit den schwarzen Augenringen, bewegte sich zwischen den Kinositzen und bot den Zuschauern selbst gebackenen Schokoladenkuchen aus der Küche der vier Jahreszeiten an. Wir ließen uns nicht lange bitten, der mit tiefschwarzer Kuvertüre überzogene Kuchen schmeckte wirklich lecker und wahrscheinlich bemerkte kaum jemand, den Hauch von Cannabis in der Bitterschokolade des Überzugs.

Glauben macht auch nicht selig.

REIHER KUCHEN.

Was wäre, wenn das Virus nicht gehen will. Wenn es bleibt, trotz Impfung, trotz Heilmitteln, wenn es uns wirklich zwingen würde, unsere Lebensweise dauerhaft zu verändern. Wenn es das Weltveränderungsvirus wäre. Das Weltrettungsvirus. Endlich vernünftig werden, nicht mehr ausbeuten, sondern den Garten pflegen und die Tiere hegen. Da bleiben wo man verwurzelt ist, Verantwortung übernehmen, nicht weglaufen, bleiben und heilen. Wir sind keine Weltbürger, wir sind Dorfbewohner, die nur da wirklich angemessen handeln, wo sie sind. So wäre der Traum vom Fliegen, denn besser ein Traum geblieben, denn fliegen sollten wir nur im Traum. Wer im Traum fliegt, fliegt sowieso besser, weit über die Grenzen des Alltäglichen hinaus und in das Blaue des unendlichen Himmels hinein. Blau sind meine Augen und blau sind die Augen der Katzen aus Siam.

HaHe amüsierte sich köstlich, als ich ihm von meinen etwas bizarren Erlebnis erzählte. Das Söhnke sich geweigert hatte, im selbstgebauten Orgon Energie Akkumulator der Tarot Theater Truppe Platz zu nehmen und einen Selbstversuch zu starten, begeisterte ihn ganz besonders. Als er sich das nächste Mal mit Söhnke, zur Fortsetzung ihres andauernden Schachduells im Mader traf, warf er ihm Feigheit vor, was Söhnke natürlich nicht auf sich sitzen lassen wollte. Ich nahm meine Chance wahr und forderte die beiden Schachmeister dazu auf, mich zur nächsten Aufführung der Tarot Theater Truppe zu begleiten, denn alleine hatte ich überhaupt keine Lust, mich dem Wahnsinn der Tarot Theater Truppe auszusetzen. Da ich mir ziemlich sicher war, dass Charles nichts dagegen haben würde, schlug ich HaHe vor, die Möglichkeit zu einem Orgon Akkumulator Test zu nutzen, womit er sicherlich Doro sehr beeindrucken würde. Sowohl HaHe, als auch Söhnke war klar, dass ich sie mit Fug und Recht großmäulige Memmen nennen würde und die ganze Geschichte genüsslich am Küchentisch der Wohngemeinschaft ausbreiten, wenn sie jetzt einen Rückzieher machen würden. Widerwillig erklärten sie sich dazu bereit, mich zu begleiten. Die Aufführung war für einen Freitagabend um 21:21 Uhr angekündigt. Bevor wir gemeinsam aufbrachen kam Söhnke ins Schulterblatt und wir rüsteten uns für das bevorstehende Abenteuer mit portugiesischem Weín aus der Korbflasche und von HaHe zubereiteten Bratkartoffeln mit Spiegelei und Speck. Das Highlight waren die von HaHes Mutter eingemachten Gürkchen. Doro war auf einer Schulung ihrer Theoriegruppe, die sich mit den Werken Jungs auseinandersetzte und der Rest der Wohngemeinschaft auf Party bei Freunden oder zu den Eltern gefahren. Nach all meiner Tarotlektüre und etlichen Ausflügen in benachbarte, magische Welterklärungssysteme, war mir war schon klar, was es mit 21:21 Uhr auf sich hatte. Im Reich der Zahlenmagie werden Quersummen gebildet und die Quersumme aus einundzwanzig ist drei, im Tarot die schöne Herrscherin in ihrem Paradiesgarten, die Trumpfkarte mit der Nummer drei, das Symbol der Weiblichkeit schlechthin. Zweimal einundzwanzig ergibt zweimal die drei und drei und drei wiederum die Trumpfkarte mit der Nummer sechs, die Liebenden. HaHe und Söhnke fanden das total abgehoben, von ihrer Warte aus sicherlich völlig richtig, aber wer im magischen Universum lebt, hat keinen Grund daran zu zweifeln. Gegen halb neun machten wir uns gut gelaunt auf den Weg runter zur Langenfelder Straße. An der Ecke Langenfelder Straße / Oelkersallee lief uns völlig überraschend Thomas, ein Lehrerkollege von Söhnke über den Weg. Wie wir von Söhnke erfuhren, unterrichtete Thomas Sport und Physik, mit seiner athletischen Figur und seinen langen, blonden Locken sah er ausnehmend gut aus und er war schon ziemlich angetrunken. Kurz entschlossen nahmen wir ihn und seinen Hund, einen sehr selbstständigen Dackel, einfach mit. Erstaunlicherweise wusste der Dackel schon wohin wir wollten, auf seinen kurzen, krummen Beinen lief wieselflink vor und erwartete uns bereits im Torweg zum Hinterhof der Tarot Theater Truppe. Dort saß er dann zu Füßen von Summer, die Karten für die Aufführung verkaufte und den Einlass kontrollierte.

Zurück kann man bleiben, aber nicht gehen.

PLUNDER HEILER.

Das es zu hause am schönsten ist, ist mit Vorsicht zu genießen, denn nicht jedes Heim, ist ein schönes Heim. Heimkinder können ein Lied davon singen und Heimleiter haben ganz gerne ihr eigenes, privates Heim, denn insgeheim wollen sowieso alle auswärts essen, aber dass wird dieses Jahr wohl nichts mehr werden. Nun stirbt die Hoffnung ja sowieso zuletzt und jedem Winter folgt ein Frühling und im Sommer können wir dann bestimmt wieder auswärts Essen gehen. Wer nun allerdings keine Kochtöpfe sein eigen nennt, wird wahrscheinlich auch nicht so schnell kochen lernen und muss sich mit Fertiggerichten begnügen. Das fertig von fertig kommt, soll hier nicht bestritten werden, aber fertig sein, heißt noch lange nicht fertig werden und was man fertig macht, kann einen auch ganz schön fertig machen. Unstreitig ist, dass die Suppe in der Tüte bleiben sollte, denn eine wirklich gute Suppe kommt nicht aus der Tüte.

Aber Charles kannte sich nicht nur in den Schriften Wilhelm Reichs aus, mit Unterstützung seiner Tarot Theater Truppe, hatte er auch so einen Orgon Energie Akkumulator gebaut und den wollte er mir und Söhnke jetzt vorführen. Das Teil sah aus, wie ein Holz verkleidetes Dixie Klo, nur dass man dieses stille Örtchen zu anderen Zwecken aufsuchte. Das gesamte Innere des Kastens, in dem ein ganz einfacher und eher unbequemer Stuhl stand, war mit Metall ausgekleidet und lud nicht gerade zum Platz nehmen ein. In seltener Übereinkunft verweigerten Söhnke und ich, den Aufenthalt in Charles selbst gebautem Orgon Energie Akkumulator. Charles reagierte ein wenig verstimmt, aber Söhnke erinnerte ihn daran, dass er den Orgon Energie Akkumulator ja gar nicht selber gebaut hätte, sondern die beiden anderen, männlichen Mitglieder der Tarot Theater Truppe, die Charles bisher verschwiegen hatte. Karsten und Theo waren die einzigen Mitglieder der Tarot Theater Truppe, die regelmäßig arbeiten gingen. Zu Charles großem Missfallen klärte Söhnke mich auf, Karsten war Tischlergeselle und Theo hatte vor kurzem seinen Abschluss als Elektrikermeister gemacht und mit ihrer Hilfe hatte Charles seinen Orgon Energie Akkumulator gebaut. Das Theo heillos in Springtime verliebt war, kam Charles dabei nur zu Gute. Der Orgon Kasten ging mir ziemlich auf die Nerven, denn ich wollte mehr über das Tarot Theater wissen. Söhnke, der auch nichts mit dem Orgon Energie Kasten zu tun haben wollte, verabschiedete sich und ich blieb allein mit Charles und fiel ihm auf die Nerven, bis er sich endlich aufraffte, mir das Konzept der Tarot Theater Truppe zu erklären, indem er mir den Ort ihres Wirkens vorführte. Er schleppte mich durch die Etage, vor eine selbst gezimmerte Bühne und bevor er den ziemlich verschlissenen, tiefgrünen Samtvorhang zur Seite zog, war Springtime schon wieder an seiner Seite. Hinter einem langen Tisch, an dem auch Jesus mit seinen Aposteln gesessen haben könnte, hingen die Bilder der drei ersten, großen Arkana. Der Narr, der Magier und die hohe Priesterin, ein wenig grobschlächtig gemalt. Auf dem Tisch, auf dem ja eigentlich die Insignien des Magiers hätten liegen müssen, stand benutztes Essgeschirr. Anscheinend wurde die Tafel des Magiers auch für erheblich viel profanere Zwecke genutzt und der Aufräumdienst funktionierte nicht immer. Ich fand das ganz amüsant, aber Charles war gar nicht begeistert und fing an zu schreien. Es war furchtbar, Springtime schrumpfte zusehends und es hätte mich nicht gewundert, wenn sie unter den Tisch gekrochen wäre, satt dessen fing sie an, den Tisch unter Tränen abzuräumen. Dann erschien Theo und schrie Charles an, aber bevor die beiden handgreiflich wurden, waren auch die anderen drei Jahreszeitenfrauen zur Stelle und sorgten dafür, dass die Situation nicht vollständig eskalierte. Ich hätte mich gerne sofort verabschiedet, aber bevor ich die Räumlichkeiten des Tarot Theaters verlassen konnte, hielt Summer mich auf, entschuldigte sich und drückte mir eine Einladung für die nächste Aufführung des Tarot Theaters in die Hand. Bevor sie mich gehen ließ, musste ich ihr versprechen zu kommen.

Maßen kann man nicht mit Maß trinken.

PEST TAGE.

Selbst im Zeitalter der Digitalisierung, beschäftigen wir uns noch immer mit den Hinterlassenschaften der ägyptischen Pharaonen, der assyrischen Keilschrift und den Höhlenmalereien der Steinzeit. Was in Stein gehauen wurde, vergeht nicht so schnell und ganz besonders langlebig sind auch die Relikte der Bronzezeit, denn Bronze ist ungemein stabil. Wahrscheinlich wird von den gigantischen Informationsströmen unserer Zeit kein Fitzelchen über bleiben, denn was unter Strom steht, vergeht ganz schnell, wenn der Strom ausbleibt. Die Digitalisierung ist eine historische Mariginalisierung und nichts wird überbleiben von der digitalen Welt. Verpufft, in Luft aufgelöst und nicht in Stein gehauen oder auf die Wände unterirdischer Höhlen gemalt, denn was man nicht anfassen kann, hat außer der Neugier und dem Geist des Widerstands, schlechte Chancen zu überleben. So sind die Höhlenmalereien der Steinzeit denn wie geistige Samen, die, die Jahrtausende überleben.

Den Herrscher wollte Charles natürlich nicht so gerne auf sich sitzen lassen, denn er sah sich mehr als Magier, dem die Trumpfkarte mit der Nummer Eins zugeordnet ist und diskutieren wollte er eigentlich auch nicht und schlug elegant einen Bogen zu Wilhelm Reich. Der gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts in Österreich geborene, dass glücklich heiratende Land hat ja einige bemerkenswerte Koryphäen der Psychoanalyse hervorgebracht und im meinem Geburtsjahr in Amerika verstorbene Reich, war mir zum ersten mal begegnet, als HaHe eine Liebschaft mit Doro begann. Vor der Apothekendynastie ihrer süddeutschen Familie war Doro, nach dem Abbruch ihres Pharmazie Studiums, in den Norden geflohen und war bei einer Webermeisterin in die Lehre gegangen. Sie mietete sich eine kleine Ladenwohnung in der Lerchenstraße, wo sie ihren, von den Eltern finanzierten Webstuhl aufstellte und kunstvolle Schals und Decken zu weben begann. Von den Decken und Schals konnte Doro nicht leben, meistens verschenkte sie ihre gewebten Kunstwerke, denn für den Verkauf, im damals noch viel zu proletarischem St. Pauli, waren sie viel zu teuer, aber ihre Eltern schickten ihr jeden Monat einen großzügigen Scheck, den sie trotz aller Vorbehalte gegen die Lebensweise ihrer Eltern gerne annahm. Meisternd schlief Doro nicht in ihrer Wohnung, sondern bei HaHe im Hochbett und sie war ziemlich besessen, von den Theorien Wilhelm Reichs. Ihre geliebte und verehrte ältere Schwester, die ebenfalls Pharmazie studierte und nach mehreren Selbstmordversuchen, einen längeren Zeitraum in der geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Klinik verbracht hatte, schwor auf Wilhelm Reich. Nach ihrer Entlassung hatte sie sich einer Gruppe von Reichianern angeschlossen, die sich regelmäßig trafen, Reichs theoretische Schriften gemeinsam lasen, interpretierten und versuchten die Erkenntnisse des Meisters in ihre Lebensführung zu integrieren. Als Doro nach Hamburg kam, suchte sie sich ganz schnell eine Reichianer Gruppe, der sie sich anschließen konnte. Es ging ziemlich viel um Sex, manchmal auch um soziale Gerechtigkeit und um Orgon Energie. Mit Sex und Reichs, zur Heilung sexueller Störungen entwickelten Körpertherapien und sozialer Gerechtigkeit, konnte HaHe sich durchaus einverstanden erklären, aber das mit der Orgon Energie ging ihm dann doch entschieden zu weit. Nachdem Doro ihn zu mehreren Sitzungen ihrer Reichianer Gruppe mitgeschleppt hatte, war er nur noch mehr davon überzeugt, dass die ganze Orgon Geschichte der reinste Spinnkram sei. Doros Vorschlag, einen Orgon Akkumulator, zur Potenzierung der kosmischen Orgon Energie, nach den Bauplänen des Meister zu bauen, um das eigne Potential an orgiastischer Potenz zu erhöhen, wies er, trotzdem er bestimmt keine Vorbehalte gegen orgiastische Potenz hatte, weit von sich. Ich fand die ganze Diskussion sehr amüsant. Der Orgon Akkumulator bestand im wesentlichen aus einem mannshohen Kasten, aus Holz oder Plastik, der ins einem Innern mit verschiedenen metallischen Schichten ausgekleidet war. Die Zusammensetzung der metallischen Schichten, ihre Stärke und Anzahl, war im wesentlichen dafür verantwortlich, wie effektiv die Orgon Energie im Inneren des Kastens akkumuliert wurde. Aufladewillige Probanden konnten im Inneren dieses, Schrankkoffer ähnlichen Gehäuses, auf einem schlichten Stuhl Platz nehmen und dann wurde die Tür geschlossen. Nicht zu vernachlässigen war allerdings auch die Höhe über dem Meeresspiegel, je höher um so besser und die Luftfeuchtigkeit, die möglichst niedrig sein sollte. Die Nähe zum Äquator spielte ebenfalls eine Rolle, aber in Norddeutschland ist der Äquator nun mal recht fern.

Wasser kann man lassen, aber Wein muss man reifen lassen.

SAFT FELDER.

So wie der mächtigste Mann der Welt, machen es mittlerweile auch etliche Ohnmächtige und verleugnen die Realität eiskalt. Rot ist nicht rot, grün ist nicht grün, richtig ist falsch und falsch ist richtig. Ich mach mir die Welt, so wie sie mir gefällt, bis ich ganz tief falle. Wer den Bogen überspannt, wird keinen Treffer landen, sondern nur weit über das Ziel hinaus schießen und im Nirgendwo landen. Über Zielvorgaben kann man streiten, aber das der Weg das Ziel ist, muss nicht immer zielführend sein. Wir zielen ins Schwarze und landen ganz woanders, denn die Welt ist voller Farben. Das rosa Elefanten blaue Stunden bevorzugen, ist damit nicht gesagt, aber graue Mäuse und kleine, grüne Männchen sind nicht besonders beliebt, bunte Blumen um so mehr. So kam die Farbe denn mit den Blumen in die Welt und eine Welt ohne Blumen, wäre nicht nur eine farblose, sondern auch eine freudlose Welt.

Charles monologisierte gnadenlos weiter und zu allem Überfluss tobte auch noch ein kleiner Hund durch die Etage, der ganz eindeutig Charles als seinen Herrn und Meister ansah. So ganz passend war das nicht, denn Charles inszenierte sich, für jeden halbwegs Tarotkundigen, unübersehbar als Magier und nicht als Narr, aber vielleicht haben auch große Zauberer einen kleinen Hund nötig, der sie davon abhält völlig abzuheben. Der scheußliche Tee wirkte ziemlich treibend und ich sah mich genötigt, nach dem stillen Örtchen zu fragen. Ein elfennartiges Wesen mit Kajal umrandeten Augen und tiefen Schatten darunter, zeigte mir den Weg. Die Sanitäranlagen der ehemaligen Textilbetriebs, holten mich in ihrer ganzen unrenovierten, grauen Tristesse brutal zurück. Hier war die Magie des Tarot anscheinend noch nicht angekommen. Auf dem Weg zurück zur Sofalandschaft und Charles Monologen, begegnete mir die Elfe mit den tief verschatteten Augen wieder und stellte sich als Springtime vor. Sie trug ein überaus phantastisches, grünes Gewand, das nur selbst genäht sein konnte und bugsierte mich in die Küche der Tarot Theater Truppe, wo ihre drei Mitstreiterinnen schon versammelt waren. Satt scheußlichem Ingwertee gab es Sekt und selbstgebackenen Kuchen und die Information, dass Charles ein furchtbarer Chauvinist sei, was mich allerdings nicht wirklich überraschte. Die vier Frauen seiner Tarot Theater Truppe hatte er den vier Jahreszeiten zugeordnet, außer Springtime saßen in der Küche noch Summer, Autum und Winter. Wirklich zufrieden waren sie damit nicht, aber zumindest ließ Charles ihnen ziemliche Freiheit in der Wahl ihrer Kostüme. Sie hatten ein paar Nähmaschinen der ehemaligen Textilfabrikation wieder instand gesetzt und sich wirklich phantastische Roben genäht. Ich ließ mir den Sekt und den Kuchen schmecken und erfuhr, dass Autum lieber Storm heißen würde, Summer lieber Fire und Winter lieber White. Springtime, mit den Augen im Schatten, die mich auf dem Weg zurück zur Sofalandschaft, in die Küche bugsiert hatte und bisher geschwiegen, schwieg eisern weiter und brachte mich zurück zu Charles und seiner Sofaecke. Söhnke, der sich die ganze Zeit Charles Tarot Monologe angehört hatte, reagierte sehr erfreut, als Springtime und ich wieder auftauchten. Aus der Küche munitioniert, ging ich sofort zu Angriff über und konfrontierte Charles mit einer feministischen Auslegung des Tarot. Ich fragte Charles, wie er es eigentlich rechtfertigen würde, dass die Grundlagen des Lebens, die sehr weiblichen Jahreszeiten, in seinen ganzen Ausführungen kaum vorkämen. Charles holte weit aus und berief sich auf die Drei der Trumpfkarten, die schöne und mächtige Königin in ihren paradiesischem Garten, aber er konnte die irdische Entsprechung der Königin in seiner Tarot Truppe nicht benennen. Wenn mit der Drei alles gut geht, geht mit der Sieben, der Zahl des Wagens, der Kraft und des zufälligen Erfolgs, das meiste schief. Deswegen wurde die Sieben auch unter Kuratel gestellt und muss sich fernhalten von Glücksspielen jeder Art, Zahlenmagie. Der Drei folgt die Vier, im Tarot wie im Leben und die Vier ist nicht den Jahreszeiten gewidmet, sondern der durch und durch männlichen Herrschaft. Charles Karte.

Lieber im Weg liegen, als auf der Strecke bleiben.

TWITTER FRONT.

Die Devise unserer Tage lautet eindeutig, lieber ein Schrecken ohne Ende, als ein Ende mit Schrecken. Der Winter naht nicht nur, der Winter ist auch lang, beginnt Ende Dezember und endet gute zwei Wochen nach den Iden des März. Wer und was soll denn noch über die Klinge der Schulpflicht springen? Dieser Look Down Light ist einfach nur falsch. Macht endlich Nägel mit Köpfen, schließt alle Schulen, bis auf die Grundschulen und Kindergärten und digitalisiert das System konsequent. Hängt einfach ein Jahr dran, an die Schulpflicht, aber lasst nicht die Kultur, egal ob E oder U, einfach sterben. Dieser ganze halbherzige Kram bringt nichts, nur Insolvenzen, und freiwillige Selbstverpflichtung funktioniert weder für Automobilkonzerne noch für autonome Bürger. Feigheit siegt nicht, nur klare Ansagen und ihre konsequente Durchsetzung. Einen teuren Schnarchstaat können wir uns nicht mehr leisten.

Inken nahm die Karten sehr ernst, was mir immer weniger gefiel. Die Karten sollten ihr sagen, wie es mit Alex weiter gehen würde, von dem sie sich meiner Meinung nach am besten so schnell wie möglich getrennt hätte, aber das mochte ich ihr nicht mal durch die Karten sagen. HaHe war da schon ein wenig skrupelloser, zumal er sich durchaus einen persönlichen Vorteil davon versprach, wenn Alex aus Inkens Leben verschwinden würde. Glücklicherweise verschwand Inken dann für die drei Monate der Sommersemesterferien nach Amerika, eine Reise auf die sie lange gespart hatte. Die Karten hatten ihr sehr dazu geraten, diese Reise auch ohne Alex anzutreten und schweren Herzens richtete Inken sich danach. Als sie wieder aus Amerika zurück kam, war eine Studentin, die Alex im Mader kennen gelernt hatte und die genauso Film verrückt war wie er selbst, in der verdunkelten Wohnung hinter der Kneipe eingezogen. Inken betrank sich ganz furchtbar und ließ sich dann von HaHe abschleppen. Nach dieser Nacht war HaHe von Inken geheilt und Inken von Alex. Ich legte mir dass Zigeuner Tarot von Walter Wegemüller zu und begann das Raider Tarot mit Wegemüllers Version zu vergleichen. Anstatt die Karten für andere Leute zu interpretieren, fing ich an über ihre Entstehungsgeschichten zu lesen und landete schnell bei Sergius Golowin und Pierre Derlon. Die Geschichten der teilweise uralten Symbole, die schon viel älter sind als das Tarot, faszinierten mich, die Himmelsrichtungen, die Gestirne, oben und unten, die Farben, Archetypen, auf der ganzen Welt seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte mit Bedeutung aufgeladen. So hat sich das gute, alte Herzsymbol, geschückt mit Sternchen und Schleifen, bis heute den Zeiten angepasst und macht in diversen Rottönen und Versionen, als sehr beliebtes Emoji weiter. Trotzdem war ich überrascht, als Söhnke, Kunstpädagoge und HaHes liebster Freund und schärfster, erotischer Konkurrent, die Nacht mit Inken hatte HaHe ein paar Punkte Vorsprung verschafft, mir erzählte, dass einer seiner ehemaligen Kommilitonen ein Tarot Theater gegründet hätte. Söhnke fand das ziemlich albern, aber weil ich ihn darum bat und er mich mochte, schon allein, weil ich HaHe immer wieder Paroli gab, stellte er mir Charles vor. Wahrscheinlich hieß Charles nicht wirklich Charles, sondern Dieter oder Wolfgang oder ähnlich belanglos. Mit seiner Tarot Theater Truppe, am Klingelschild stand TTT, hatte er eine ehemalige Werkstattetage, in einem Hinterhof der Langenfelder Straße, auf dem Stück zwischen Alsenplatz und der Kreuzung Langenfelder Straße / Oelkersallee gemietet. Die Etage war ziemlich groß und wahrscheinlich waren dort einst Textilien hergestellt worden. Sie wohnten dort mit vier Frauen und drei Männern und bevor ich überhaupt ein paar Fragen stellen konnte, hielt Charles schon einen ausschweifenden Monolog über die Sieben und ihre Bedeutung im Tarot. Von den sieben Wochentagen ging es umstandslos zu den sieben Raben der Grimmschen Märchen und weiter zu den Plejaden. Eh mir ganz schwindlig wurde, nicht nur von Charles Vortrag, sondern auch von mindestens siebzig Räucherstäbchen, die die gesamte Etage mit ihren süßlichen Duft schwängerten, landeten wir in einer, um einen niedrigen Tisch gruppierten Sofaecke und ich hätte ohne weiteres zum Siebenschläfer mutieren können. Mit einem grauenerregend scharfen Ingwertee, den eine seiner Mitstreiterinnen uns servierte, holte Charles mich brutal in die Welt des Tarot zurück.

Wer im Graben kämpft, geht im Graben unter.

ESEL NOUGAT

Das viele Köche den Brei verderben, zeigt sich dieser Tage glasklar. Der Föderalismus fördert die schlimmsten Egoismen ans Tageslicht und macht die ohnehin schon sehr schwierige Situation nur noch schwieriger. Eigentlich gibt es in einer essenziellen Krise nur eins, Solidarität und nicht unterschiedliche Fallzahlen. Dieses Land ist viel zu klein für abgehobene Egotrips und wer seine Mitmenschen nicht schützten will, wandert besser aus in die Gefilde quer denkender Realitätsverweigerer. Nur weil ich denke, bin ich aber noch lange nicht auf dem richtigen Dampfer unterwegs. Um die Ecke und über den Daumen, tun sich völlig neue Möglichkeiten auf und wer zu Letzt kommt, geht auch zu Letzt ins Bett. Die letzte Bestellung ist deswegen aber noch lange nicht aufgegeben und letzte Worte können lange auf sich warten lassen, denn gut Ding will immer noch Weile haben.

Wie nicht anders zu erwarten, wählte Inken die Königin der Tassen oder Kelche, die Königin der Herzen, des Wassers, tief und fließend, des Gefühls. Im Raider Tarot sitzt sie auf ihrem Thron, ein Fuß im Wasser, einer an Land, sie ist jung, blond und wunderschön. Mir war sie immer viel zu langweilig, genauso wie die nicht minder schöne, aber dunkelhaarige Königin der Erde, der Fruchtbarkeit, der Münzen, des irdischen Reichtums, beide Füße fest im Hier und jetzt auf dem Boden unter ihr, die Pikkönigin. Als Tillmann mich fragte, welche Königin meine sei, wählte ich die Königin der Stäbe auf ihrem Löwenthron. In der rechten Hand eine Sonnenblume, in der linken Hand einen lebendigen Stab, begleitet von einer schwarzen Katze, die Karo Königin, Herrin des Feuers und der Kreativität. Aber Tillmann ließ es mir nicht durchgehen und wies mit die Königin der Schwerter, der Luft und des Verstandes zu, die Kreuz Königin. Als einziger Königin des Raider Tarot kann man ihr nicht ins Gesicht blicken, sie ist komplett im Profil abgebildet, der Himmel hinter ihr ist stürmisch und sie hält das Schwert der Gerechtigkeit hoch. Ich war gar nicht begeistert, aber es war Tillmann der mir die Karten legte. Tillman bevorzugte das keltisches Kreuz, das er ziemlich akribisch aber eigenwillig abarbeitete, letztendlich ist es jedoch ziemlich egal, welche Methode man favorisiert, denn die Karten lügen nicht, lügen tun nur ihre Interpreten und die, die daran glauben, lügen sich selber an. Trotzdem ist es ein schönes und aufschlussreiches, psychologisches Spiel und wer am besten oder Trickreichsten spielt, gewinnt das Spiel. Jede Karte ist ein Kosmos, der durchaus unterschiedlich gedeutet werden kann und selbst das kleinste Bilddetail zählt, wie der kleine Hund, der den Narren der Null, hoch über den höchsten Gipfeln lustwandelnd, anbellt und so davor bewahrt abzustürzen. Wie in einem ganz gewöhnlichem Kartenspiel sind jedem der vier Symbole zehn Karten zugeordnet plus vier Nobilitäten, bestehend aus Bube, Ritter, König und Königin. Das sind dann schon mal sechsundfünfzig Karten, die als „Kleine Arkana“ bezeichnet werden und dazu kommen einundzwanzig Trumpfkarten, plus der Null, dem Narren mit dem kleinen Hund, „Große Arkana“ genant. Ziemlich viele Karten, die gründlich gemischt werden müssen, bevor die erste Karte gezogen wird. Wie zu erwarten, zog Inken sehr schnell die Nummer Sechs der Trumpfkarten, „Die Liebenden“. Nun meint diese Karte allerdings keineswegs die romantische Liebe einer Paarbeziehung, die findet man viel mehr bei den Kelchen, ganz besonders bei der Liebesbeziehung der Zwei, der sexuellen Erfüllung der Drei und des familiären Glücks der Zehn, „Die Liebenden“ stehen für Freundschaft und Vertrauen, denn die Motive der großen Arkana des Tarot sind eher übergeordnet. Trotzdem war Inken überglücklich und kurze Zeit später am Boden zerstört, als sie die Karte mit der Nummer dreizehn zog, ein reitendes Skelett, der Tod. Nun steht diese Karte aber keineswegs für das Ende des Lebens, dass einer Liebesbeziehung, oder eines Lebensabschnitts allerdings schon, denn die Dreizehn ist die Karte der Veränderung. Wer die Sechs und die Dreizehn zieht, landet bei der Sonne der Neunzehn, dem glücklichen Kind und dann wieder bei Eins und Null, dem Magier und dem Narren.

Wurst ist nicht Wurst.