STUSS
     MUND

  abcdefghijklmnopqrstuvwxy zyxwvutsrqponmlkjihgfedcb abcdefghijklmnopqrstuvwxy zyxwvutsrqponmlkjihgfedcb abcdefghijklmnopqrstuvwxy zyxwvutsrqponmlkjihgfedcb abcdefghijklmnopqrstuvwxy  
29.03.22 23.03.22 20.03.22 11.03.22 08.03.22 05.03.22 02.03.22
RIPPEN BEKENNTNIS.

Warum eigentlich war es, zu Beginn der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, möglich Autofreie Sonntage zu verordnen. Damals, genau wie heute, musste Energie gespart werden und zu diesem Zweck ist es durchaus sinnvoll, den Individualverkehr einzuschränken. Unser oberster Repräsentant sprach ja auch schon öffentlich von Verzicht, wobei zu vermuten ist, dass damit gemeint ist, dass die, die sowieso schon nichts mehr zu verzichten haben, noch mehr verzichten sollen. Ausgenommen von jeglichem Verzicht sind gewählte oder über einen Listenplatz gesponserte Volksvertreter, Beamte, Besitzer von Villen und Jachten, das Eine schließt das Andere ja nicht aus, Personen die von ihrem Vermögen und Immobilien leben, ebenfalls kombinierbar mit Villen und Jachten, Anteilsscheinen, Beteiligungen jeder Art und Waffenhandel und die von der gelben Klientelpartei verzichten sowieso grundsätzlich nicht. Besser wäre es, wenn alle Villenbesitzer ihre Villen für Flüchtlinge öffnen würden, wenn die Vermögenssteuer unseres Landes, sich an der des gelobten Landes Schweden orientieren würde und die Höhe der Nebeneinkünfte unserer Volksvertreter sich nach der Höhe, für die Nebeneinkünfte von Rentnern und Rentnerinnen, richten würde. Zukunftsmusik, aber ohne Gerechtigkeit wird die Gesellschaft nicht grün werden, geschweige denn überleben. Erfolgreiche Revolutionen kommen nicht von unten, von unten kommt ein Erdbeben, ein Tsunami, eine Gewalt, die alles zerstört, von oben kommt, ebenfalls selten eine Revolution, die positive Veränderungen bewirkt, aber manchmal eben doch und daran müssen wir glauben, denn letztendlich können wir alles anders machen und zwar sofort. Was noch von oben kommt, sind Sonnenschein und Regen, die Sonne für Energie und der Regen fürs Wachstum und für noch mehr Energie und Pollenflug, sorgt der Wind, in dessen Schatten wir leben und mit dem wir in die Zukunft segeln.

Der Ouzo Hippie war hin und weg, die tanzenden Grazien mit ihren hoch erhobenen, goldenen Kelchen wiesen ihm den Weg, er übertraf sich selbst und prophezeite mir ein sehr glückliches Leben, wie er es sich wahrscheinlich immer gewünscht hatte, überall Glück, Party, Liebe und Freundschaft. Ich fand das total toll und konnte trotzdem nicht so richtig daran glauben. Dafür glaubten alle, die sich mittlerweile um unseren Tisch versammelt hatten, die alternativen Touristen, die alternativen Investitionssucher und Sucherinnen, die normalen Touristen, die Strandhippies und sogar Mikis, an den Ouzo Hippie. Ich stand auf und ging runter zum Strand. Das Meer ist das Meer und weil man es nicht fragen kann, lügt es auch nicht. Ich musste daran denken, wie es mit Moni gewesen war, bevor der Ouzo Hippie und wahrscheinlich auch HaHe, quer geschossen hatten. Wie wir zusammen feiern gegangen waren, in den vier Tavernen der Bucht von Agia Ana, wie wir angehimmelt wurden, als Zwillingsschwestern, blond und Zwilling, weil niemand uns eindeutig zuordnen konnte, zu einem Mann. Das machte uns frei. HaHe hatte nie wirklich etwas dagegen gehabt, auch wenn er seinen Ansprüchen nicht immer emotional entsprechen konnte, so gab er sich doch immer alle Mühe. Mühe gab sich auch Tillmann, als er mir, auf seiner Terrasse, hoch überm Golf von Volos, die Interpretation des keltischen Kreuz erklärte. Vom ersten Moment an fand ich Tillmann total faszinierend und das aller faszinierende an Tillmann war, dass er so alt war wie mein Vater, als meine Eltern sich scheiden ließen. Schon von HaHe wusste ich, dass Tillmann dem weiblichen Geschlecht ziemlich exzessiv zugetan war und seine Frau France seit vielen Jahren systematisch betrog. France hatte das alles hingenommen und sich einen eigenen Freundeskreis aufgebaut, der sich jedoch in nicht unerheblichen Teilen, vom Freundeskreis Tillmanns unterschied. Aber als Tillmann und ich zum ersten Mal, auf der Terrasse überm Golf von Volos saßen, war France in Marokko bei ihrer Familie. Eigentlich wusste ich gar nichts von ihr und Tillmann mit seinem tiefschwarzen, schrecklichem Seeräuberbart, erklärte mir das keltische Kreuz und wie er mit der Erklärung des keltischen Kreuzes die Herzen der Ladies erobern würde. Ich sperrte meine Ohren auf.

Lieber den Rasen pflegen, als das Rasen.

QUAK BANK.

Das die von der, freie Fahrt für freie Bürger Party, keinen Bock mehr auf Corona haben, ist schon ein bisschen bekloppt, denn wenn keinen Bock mehr zu haben, ein wirklich ernsthaftes Kriterium wäre, bräuchte auch niemand mehr zur Arbeit gehen, der oder die, keinen Bock mehr auf Arbeit hat. Diese durchaus angebrachte Idee, wird nun aber ganz bestimmt nicht, von der freie Fahrt für freie Bürger Partei unterstützt. Freiheit ist immer nur die eigene Freiheit und die der Herrenraser und ganz bestimmt nicht die Freiheit der anderen, denn wer frei ist, ist ein König oder einer Königin. Ganz soweit haben sie es zwar nie gebracht, dafür aber immer wieder Könige oder Königinnen gemacht und sich dafür königlich entlohnen lassen. So kann man es mit 5,1 Prozent, locker bis nach ganz oben schaffen und mit elektrisch betrieben Automobilen bis nach Brandenburg, aber selbst wenn der Strom aus der Dose kommt und der Herr Musk strahlt wie ein Honigkuchenpferd, das den Strom persönlich erzeugt, so muss der Strom doch irgendwie erzeugt werden und da zählt das wie. Anstatt zu sanktionieren, wären unsere gewählten Vertreter und Vertreterinnen besser beraten, zu investieren und zwar in unsere Energieautonomie. Die ganzen Sanktionen nützen einzig und allein dem Gegner, denn wie hier, leiden auch auf der Gegenseite nur die, die sowieso schon benachteiligt sind. Die Reichen und Regierenden werden nicht frieren, sie werden nicht hungern und sie werden auf nichts verzichten müssen, aber die Verzweiflung und der Hass, der Verlierer auf beiden Seiten wächst. Ohne Knete keine Fete, ohne Kapital keine Akkumulation, ohne Wolken kein Regen, macht Geschäfte und setzt den Gewinn endlich sinnvoll ein, indem ihr jeden Cent in den Ausbau der erneuerbaren Energien und das Wohl eurer Bürger investiert. Geht nicht, gibt es im Leben nicht, nur der Tod ist unwiederbringlich, aber im Leben geht alles und am besten voran.

Weit weg vom Strand, hinter den Dünen, schrie ein liebestoller Esel, in der undurchdringlichen Finsternis des Hinterlandes, am Rand von Mikis Terrasse saßen zwei Siamkatzen und schauten aufs dunkle Meer und über Paros funkelten Myriaden von Sternen, um einen etwas kränklichen Mond. Wie ein Dreigestirn, saßen Moni, HaHe und der Portugiese eng beieinander und ich fragte mich, wer denn nun wen lieben würde. Von HaHe wusste ich, dass er Frauen sehr mochte, aber ich wusste auch, dass er die intellektuellen Fähigkeiten seiner bevorzugten Männerfreunde außerordentlich schätzte und war sehr froh darüber, dass HaHe sich für Moni und nicht für den Portugiesen entschieden hatte. Zusammen mit dem Portugiesen hatte er einen Octopus, mit der Harpune des Portugiesen harpuniert, viel Tinte, viel Blut, ziemlich unschön und dann hatte der Portugiese übernommen. Er hatte die langen Arme des toten Octopus, auf von der mediterranen Sonne durchglühten Felsen, weich geschlagen, in Stücke zerteilt und zur Zubereitung in Mikis Taverne gebracht. Ganz schnell holte der Ouzo Hippie mich ins Hier und Jetzt zurück und ich zog die nächste Karte, nochmal Kelche, drei tanzende Grazien, mit hoch erhobenen, goldenen Trinkgefäßen.

Wo große Dinge geschehen, fallen kleine Dinge unter den Tisch.

WICHT BLITZER.

Energie ist das Thema und Energie sollte man haben, sei es nun als Energiedrink, Energieriegel oder Energiemüsli. Ebenfalls nützlich sind auch Powerbänke und Powerpacks, nicht zum ausruhen, sondern zum reinhauen und Kraftstudios, wo man durch nicht unerheblichen Kraftaufwand Kraft gewinnt, für eine aussagekräftige Kostennutzenanalyse bedarf es aber noch größerer Studien über einen längeren Zeitraum. Zu den irreführenden Angeboten gehören sogenannte Sonnenstudios, die unter nicht unerheblichem Energieaufwand, die Kraft der Sonne nur simulieren und die Haut ruinieren. Im Überfluss vorhanden, von Wind und Sonne produziert, ist die Energie jedoch ein sehr freiheitsliebendes Wesen, das sich ungern in einem Speicher festsetzten lässt. Frei wie der Wind, mal laues Lüftchen, mal wilder Sturm, schweift sie um den Globus, wie auch ihre Schwester, die Wasserkraft, derweil unser Heimatplanet sich um sich selber und sein Zentralgestirn, die Sonne dreht. Diese energetischen Globalplayer gilt es zu bändigen und wenn das Projekt wirklich gelingen soll, die ebenfalls globalen Konzerne gleich mit. Geld ist kein Gott und auch keine Göttin, Geld ist ein Golem, der unablässig Ungeheuer gebiert. Was wir brauchen ist eine neue Währung, deren Goldstandart erneuerbare und unschädliche Energie ist, denn wer an seine Grenzen gerät, sollte innehalten, nachdenken und sich neu sortieren. Systemkritiker und Kritikerinnen, notorisch Querulanten und ihre weiblichen Pedants pochen darauf, dass man Energie auch sparen kann, aber wer will das schon wirklich, denn im Paradies ist Energie im Überfluss vorhanden, gebratene Tauben, die fliegen können und Heerscharen williger Jungfrauen gehören aber nicht zum Angebot. Fest steht allerdings, mit einem Tiger im Tank kann man mittlerweile nicht mehr punkten, es sollte schon eine vollständig aufgeladene Batterie sein.

Und wieder mischte der Ouzo Hippie die Karten und fächerte sie auf den Tisch aus. Unermüdlich leierte der Kassettenrecorder Lieder von Liebe und Revolution in die Sternen übersäte Sommernacht hinaus, im Hintergrund rauschte das Meer und ich zog die nächste Karte. Eine etwas deprimiert drein schauende Königin auf ihrem Thron, nicht annähernd so dynamisch, wie die Königin der Stäbe. Mit einem prächtigem, goldenem Pokal in der Hand, sitzt sie vor einem türkisblauen Himmel und auch das Wasser zu ihren bloßen Füßen ist von strahlendem Türkisblau. Der Ouzo Hippie platzierte die Karte rechts unten neben dem Kreuz und seinen Satelliten und überschlug sich vor Begeisterung fast. Als hätte er auf die Karte gewartet, die Königin der Kelche, die Karte des Liebesglück, des emotionalen Überfluss und als er zu einem längerem Exkurs über die Liebe ansetzte, bestellte Ian noch eine Literkanne Ouzo. Meinen Verweis auf den introvertierten, eher etwas melancholischen Gesichtsausdruck der Kelche Königin, ignorierte der Ouzo Hippie. Wie Tillmann mir ein paar Jahre später erklärte, entsprechen die Kelche den Herzen eines gewöhnlichen Kartenspiels und das Herz spielt meistens falsch, weil es ein mitfühlendes Herz ist und kein unerbittliches Schwert. Am Strand von Agia Ana, auf der Terrasse von Mikis Taverne, verwandelte der Ouzo Hippie die Kelche, in die Verheißungen der freien Liebe, denn nur in der Liebe liegt das Glück und deswegen sollte die Liebe frei sein, auch wenn das zu schön ist, um wahr zu sein. Tristan und Isolde, Romeo und Julia, Paris und Helena, Brüderchen und Schwesterchen, Elisabeth die Zweite und Philipp von Griechenland, Raben und Kraniche, stolze Schwäne und diebische Elstern. Als stärkstes aller Gefühle verursacht die Liebe aber nicht nur grenzenloses Wohlbefinden, sondern auch grenzenlosen Schmerz. Anders als die Königin der Schwerter, die über den Schmerz gebietet und ihn durch Gerechtigkeit in seine Schranken verweist, erzeugt die Königin der Kelche das Glück, aber auch den Schmerz und lässt ihm einfach freien Lauf.

In Schaum kann man baden und sich krönen lassen.

PANNEN GERICHTE.

Und wieder werden die Reichen reicher und die Armen noch ärmer, denn die Maßnahmen unserer Führungsgremien treffen die, die sowieso immer weniger haben ungleich stärker. Geld wird nicht da geholt wo es ist, sondern genommen, wo es am einfachsten zu holen ist und Energie wird nicht da gespart, wo sie am meisten verbraucht wird, sondern da wo kaum noch Energie gespart werden kann. Warum eigentlich, wird nicht ein sofortiges Tempolimit auf allen Straßen umgesetzt? Warum wird der völlig unnötige Energieverbrauch von Luxusjachten und Privatflugzeugen nicht mit sofortiger Wirkung verboten und warum erfahren wir nicht die Raumtemperatur des Bundestages, der Landtage und sämtlicher Abgeordneten Büros? Wer Energie sparen will, sollte mit gutem Beispiel voran gehen und nicht immer nur von anderen fordern. Ganz und gar grauenerregend ist die aggressive Rhetorik, einst pazifistischer Weltverbesserer und Weltverbesserinnen und auch Wirtschaftssanktionen sollten maßvoll und dort wo sie nicht, die sowieso schon leidende Bevölkerung treffen, eingesetzt werden. Es geht nicht um Sieg, es geht um Versöhnung, denn der Sieg ist nur für die Siegreichen, aber die Versöhnung dient allen Menschen. Wo es um Werte geht, seien sie nun ökonomischer oder ideologischer Art, wird es noch komplizierter, aber über den Daumen gepeilt, verlangen die ökonomischen Werte nach ideologischen Werten, um besser dazustehen. Nun wohnt den ideologischen Werten allerdings ein völlig unberechenbares Moment inne, das irgendwann kaum noch zu bändigen ist, weswegen es besser ist, der Ökonomie den Vorrang zu lassen und Frieden zu schaffen. So wohnen handeln und verhandeln denn eng beieinander und letztendlich geht es niemals um die völlige Niederringung des Gegners, sondern um die Wiederherstellung des Gleichgewicht der gesellschaftlichen und der kosmischen Ordnung, wenn auf Bali der Barong mit der Dämonenkönigin Rangda kämpft.

Das hoch bis spät sommerliche Landleben der Karten gefiel mir und ein paar Jahre später wusste ich, dass sie zu den Stäben gehörten. In einem normalen Kartenspiel würden die Stäbe, mit ihrer meistens glücklichen Unbeschwertheit, den Karo Karten entsprechen, im Tarot stehen sie für emotionale Ausgeglichenheit und ein friedliches Leben. Das passte nun überhaupt nicht zum Kreuz in der Mitte, mit der Königin der Schwerter, auf der obendrein die Karte des Narren zu Liegen gekommen war. Die Schwerter entsprechen den Kreuz Karten eines gewöhnlichen Kartendecks und sie handeln meistens von den weniger angenehmen Dingen des Lebens, von Schmerz und Verlust, im Tarot symbolisieren sie den analytischen Verstand. Den Ouzo Hippie brachte die Konstellation der Karten jedenfalls schwer ins Schleudern, zumal die vier Karten um das zentrale Kreuz für Vergangenes und Zukünftiges und wichtige Einflüsse stehen. Mit dem Narren über der Schwerterkönigin, war es ein bisschen wie zwei Seelen, die in einer Brust wohnen, denn der Narr mit seiner spielerischen Neugier, seiner Offenheit nach allen Seiten, seiner Lust am Leben und seiner Verantwortungslosigkeit, ist das komplette Gegenteil der Schwerterkönigin. Bis heute gefällt mir der kleine Hund, der den Narren anbellt, damit er nicht gleich vom Gipfel fällt, am besten. Die Königin der Schwerter fand ich ziemlich problematisch, viel lieber mochte ich die Königin der Stäbe. In der einen Hand einen blühenden Stab, in der anderen Hand eine Sonnenblume, sitzt sie auf ihrem Thron und vor ihr sitzt eine schwarze Katze. Wahrscheinlich wäre es dem Ouzo Hippie auch lieber gewesen, ich hätte die Königin der Stäbe, aus den von ihm so kunstvoll gemischten Karten gezogen, aber da lag nun mal die Königin der Schwerter, die Richterin mit ihrem unbestechlichem Verstand. So tat er denn das am nächsten liegende und konzentrierte sich in seinen Ausführungen auf die Karte des Narren und die Leichtigkeit des Lebens, an einem griechischen Strand. Die Stäbe im direkten Umfeld des Narren unterstützten ihn dabei und so redete er sämtliche Probleme erst mal weg.

Im Trockenen braucht man keinen Regenschirm.

BRITEN BUDE.

Die Idee bis zum letzten Mann zu kämpfen, ist weder dem Frieden besonders förderlich, noch entspricht sie der Geisteshaltung moderner Staaten. So ticken Stammesgesellschaften, deren Ehre ganz hoch hängt. Im Gegensatz zur Ehre, die ja eher immateriell ist, ist der Frieden ein sehr realer Zustand und deswegen kommt der Frieden vor der Ehre. Wer Frieden schaffen will, muss Kompromisse machen und die Ehre dorthin verbannen, wo sie hingehört, ins Reich der immateriellen Güter, sonst hat der Frieden auf Erden es schwer. Mit Gerechtigkeit hat auch nicht wirklich viel zu tun, aber ohne Frieden gibt es gar keine Gerechtigkeit mehr. Seine Gegner kann man sich nicht aussuchen, sie werden durch das Los bestimmt, so bleibt der Zufall denn ein unberechenbarer Spielmacher. Wir ziehen die Spieltheorie zu Rate, eine Wissenschaft, die in den letzten Jahren immer mehr interessante Einsichten in das menschliche Verhalten zu Tage förderte. Mit zu den Gewinnbringensten Erkenntnissen der Spieltheorie gehört die Beobachtung, dass Belohnungen erheblich viel wirksamer sind, als Bestrafungen, denn wer belohnt wird gibt gerne und freiwillig ab, aber wer bestraft wird, wird trotzig und verrennt sich immer mehr. Negatives darf nicht mit Negativem beantwortet werden, Negatives muss mit Positivem und mit wehrhafter Stärke beantwortet werden. Die Tür zuschlagen bringt nichts, ich vermisse die ausgestreckte Hand, die immer auch da sein sollte. Ebenfalls kontrapunktiv ist es, sämtlichen Künstler und Künstlerinnen, Sportler und Sportlerinnen, zu sanktionieren, wofür denn eigentlich, dafür, dass sie nicht die richtige Nationalität haben? Auch hier zeigt sich das archaische Denken einer Stammesgesellschaft, in der nur die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, egal welcher Art zählt und nicht die Haltung. Haltet endlich ein mit dem Wahnsinn.

Er mischte die Karten spektakulär und selbst HaHe und der Portugiese kamen an unseren Tisch. Er ließ sie in einem perfekten Halbrund, von einer Hand in die andere Hand segeln und dann forderte er mich auf, die erste Karte zu ziehen. Mit der linken Hand, auch vom Ouzo Hippie so angeordnet, wählte ich eine Karte, die er dramatisch aufdeckte und in der Mitte des Tisches platzierte. Dann ließ er die Karten wieder durch die Luft wirbeln und von einer Hand in die andere fließen, bis sie wieder, perfekt Fächerförmig auf dem Tisch lagen. Ich zog die nächste Karte, natürlich mit links, die er erst grimmig begutachtete und dann quer über die erste Karte legte und ein Kartenkreuz erzeugte. Das Ritual der fliegenden Karten wiederholte sich, ich zog die dritte Karte, die oberhalb des Kartenkreuzes ihren Platz fand und dann die vierte Karte, die unterhalb des Kartenkreuzes zu liegen kam. Der Ouzo Hippie versenkte sich gründlich in die Kartenkonstellation, ich wurde ein wenig ungeduldig und fing an die bunten Bilder gründlicher zu betrachten, der Kassettenrecorder entließ seinen Geist in die grenzenlose Freiheit über dem Meer und den Wolken und Ian bestellte noch mehr Ouzo. Auf der Karte in der Mitte saß eine Königin auf ihrem Thron. Sie hielt ein Schwert in der Hand und der Hintergrund war, bis auf die ferne Silhouette eines Vogels, leer und sehr blau. Quer darüber lag eine Karte, auf der ein fröhlicher, bunt gekleideter Narr, begleitet von einem kleinen Hund, der ihn anbellte, auf den Gipfeln eines Gebirges wandelte. Darüber und darunter befanden sich völlig andere, von einem sonnigen, fruchtbaren und friedlichem Hintergrund geprägte Szenarien, Ich fand das alles etwas merkwürdig und nachdem ich mir ein paar Jahre später, inspiriert durch Tillmanns Ausführungen über das Tarot, etliche Bücher über das Tarot, seine Ursprünge, seine verschiedenen Systeme, Auslegungen und Darstellungen besorgt hatte und gelesen, verstand ich, warum der Ouzo Hippie lange gezögert hatte, mein Blatt zu interpretieren. Hinzu kamen die fünfte und die sechste Karte, wieder mit der linken Hand gezogen und erst links und dann rechts vom Kreuz in der Mitte platziert. Noch mehr friedlich durchsonnte Szenarien.

Für Frieden kann man nicht kämpfen, Frieden muss man schaffen.

KNUFFER ZONE.

Und weil es so schön ist, verweile ich noch ein wenig in den, zwar immer wieder mörderischen aber auch überaus idyllischen Gefilden von Midsomer. Dem bezaubernd Gavin Troy, folgte nach seinem Aufstieg zum Inspektor und der damit verbundenen Versetzung nach Middelsbrough, als neuer Assistent Tom Barnabys, Sergante Dan Scott aus London. Markante Gesichtszüge, gute Figur und immer im eleganten Anzug aber zwischen ihm und Tom Barnaby war es weder Liebe auf den ersten, noch auf den zweiten Blick. Schnell stellte sich heraus, dass Scott allen besonders attraktiven Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts grundsätzlich zugetan war und das auch noch mit Erfolg, eine Eigenschaft, die Tom grundsätzlich missbilligte. Er tat sich schwer, mit seinem neuen Assistenten warm zu werden und der neue Assistent hatte wiederum Schwierigkeiten, mit Tom Barnabys eigenwilligen aber überaus erfolgreichen Ermittlungsmethoden klar zu kommen. Dan Scott war aus unerfindlichen Gründen, wahrscheinlich eine Frauengeschichte, vom Metropolitan Police Service aus London, nach Midsomer versetzt worden. Wirklich näher kommen Tom Barnaby und Dan Scott sich erst, nachdem eine außerordentlich ansehnliche und sozial engagierte Lehrerin, die Scott im Zuge einer Mordermittlung kennen und lieben lernt, ermordet wird. Tom Barnaby erkennt den Schmerz seines Assistenten und hört ihm endlich mal zu. Kurz danach verabschiedet sich Dan Scott aus der Serie, indem er reich heiratet. Barnaby ist nicht amüsiert aber er reagiert blitzschnell und rekrutiert sich direkt beim nächsten Mordfall einen neuen Assistenten.

Benjamin Jones ist als einfacher Police Constable, auf deutsch Dorfpolizist am Tatort, überrascht den seines weg geheirateten Assistenten beraubten Tom Barnaby, mit präzisen Beobachtungen und stringenten Schlussfolgerungen und wird von Barnaby erst gefragt, ob er einen Anzug besitzt und nach positiver Antwort aufgefordert, am nächsten Tag, natürlich im Anzug, auf dem Revier zu erscheinen und als sein Assistent weiter zu machen. Diese Chance lässt Jones sich nicht entgehen. Am Ende der Staffel, es ist die neunte, wird Jones zum Sargente befördert. Fortan herrscht eine sehr spezielle Liebe zwischen ihm und Tom Barnaby. Ich mag Ben Jones sehr, er ist wirklich cool und er verbindet Tom Barnaby und John Barnaby. Nachdem Tom Barnaby, sich mehr oder weniger freiwillig in den Ruhestand verabschieden musste, übernimmt Sargente Jones seinen Verwandten John Barnaby als Inspektor. Richtig begeistert ist Ben Jones nicht, aber er zeigt Haltung und die Frau seines neuen Vorgesetzten, Sahra, gewinnt sein Herz im Sturm. Sahra findet schnell heraus, dass Jones die Prüfung zum Inspektor schon bestanden hatte und sich ebenfalls auf den Posten des leitenden Inspektors in Midsomer beworben hatte und nicht so begeistert davon ist, dass ihr Mann, John Barnaby den Job bekam aber Jones ist hundert Prozent loyal.

Wer einen Parkplatz sein eigen nennt, braucht keine Parkuhr mehr.

TREPPEN FRITZ.

Gefühlt war Corona mal, aber höchst wahrscheinlich kommt Corona auch bald wieder. Aus aktuellem Anlass hat sich die Thematik der lallgegenwärtigen Talkshows sowie schon geändert und wer endlich mal abschalten will, schaut Inspektor Barnaby bei seinen Mordermittlungen in der englischen Grafschaft Midsomer zu und Midsomer ist wunderschön. Ein Traum vom alten, idyllischen England, so wie wir es uns gerne vorstellen. Prächtige Herrensitze und malerische Dörfer, inmitten hügeliger Landschaften. Natürlich dürfen die urigen Pubs, mit ihren teilweise recht bizarren Namen und pittoresken Schildern, die gerne bedeutungsvoll im Wind schwingen, nicht fehlen. Getrunken wird gern. Mittlerweile gibt es zweiundzwanzig Staffeln, dreizehn mit John Nettles als Inspektor Tom Barnaby, am Ende der dreizehnten Staffel übernimmt dann Neil Dudgeon, als Tom Barnabys Cousin John Barnaby, den Posten des leitenden Inspektors. Die Inspektoren haben eine Frau und einen Assistenten, den Sergeant, meistens Sarge gerufen, die Inspektoren bevorzugen die Anrede Sir. Die Assistenten wechseln, die Frauen bleiben, Joyce bei Tom und Sarah bei John. Tom Barnabys Tochter Cully, durfte man schon beim Erwachsen werden zusehen und bei der Hochzeit, John Barnabys Tochter Betty wird in der sechzehnten Staffel geboren. Neu ist der Hund Sykes, ein ganz und gar bezaubernder Jack Russel Terrier, mit dem John und Sahra nach Midsomer ziehen. Als Sykes in der achtzehnten Staffel stirbt, kann Betty zwar schon laufen, aber ihr Wortschatz ist noch recht beschränkt. Einen Plüschhund auf Rädern akzeptiert sie nicht, aber der glückliche Zufall im Mordfall, lässt in der ersten Folge der neunzehnten Staffel, einen nicht minder bezaubernden Jack Russel Terrier mit Namen Paddy zurück, der ein neues Zuhause in Inspektor John Barnabys Heim findet und Betty wieder glücklich macht, denn wenn nichts mehr hilf, hilft Barnaby.

Als zappende Quereinsteigerin, entdeckte ich Barnaby während einer Abwesenheitsphase meines Fussballfreaks, der für eine Woche auf Besuch bei seiner Mutter weilte und verliebte mich auf der Stelle. Begeistert sah ich John Barnaby und seinem Assistenten Nelson, bei den Mordermittlungen zu. Gemordet wird in Midsomer bemerkenswert häufig und obendrein auch des öfteren mit sehr fantasievollen Methoden, trotzdem ist es nie wirklich schlimm und ich muss mir nicht eins der kleinen Sofakissen vor die Augen halten. Es dauerte ein bisschen, bis ich begriff, in was für eine Saga ich da hinein gestolpert war und noch ein bisschen länger, bis ich Tom Barnaby kennen lernte. Parallel dazu machte ich die Bekanntschaft mehrerer Assistenten. Der etwas raubeinige, laut Sahra Barnaby sehr gut aussehende Charlie Nelson, dem der psychologische Ansatz John Barnabys erst mal näher gebracht werden musste, gefiel mir ganz gut. Ohne das Barnaby ihn dazu auffordern musste, trat er mit Leichtigkeit Türen ein und musste manchmal ein bisschen gebremst werden. Ihm folgte der kühle, intellektuelle, stets wie aus dem Ei gepellte und elegant angezogene Jamie Winter, mit seiner unerfüllten Liebe zur Gerichtsmedizinerin Kam Karimore. Obwohl die beiden sich eigentlich wirklich mögen, finden sie einfach nicht zusammen und dann geht Kam nach Kanada und Sahra Barnaby bemüht sich immer wieder um einen adäquaten Ersatz. Gerade mal vertraut mit den Gegebenheiten, wurde ich in die späten neunziger Jahre zurück katapultiert, als Handys noch tragbaren Ziegelsteinen glichen und lernte John Barnaby und seinen ersten Assistenten, Gavin Troy, kennen und Gavin war wirklich süß. Wie Barnaby trug er Anzug und Krawatte, schoss mit seinen phantasievollen Spekulationen schnell übers Ziel hinaus und fuhr genauso gerne viel zu schnell Auto. Er war nicht nur Barnabys Assistent, er war ein Freund der ganzen Familie, tröstete Cully wenn sie Liebeskummer hatte und begleitete Joyce zu kulturellen Veranstaltungen, vor denen Barnaby sich gerne drückte. Bis zur siebenten Staffel stand er Barnaby treu zur Seite, dann ging als Inspektor nach Middelsbrough.

Wahnsinn hat keine Methode, Wahnsinn ist eine Methode.