STUSS
     MUND

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29.06.21 26.06.21 23.06.21 17.06.21 14.06.21 11.06.21 08.06.21
FEST ERGEBNISSE.

Das, dass Recht auf Stadt, nicht gleich bedeutend damit ist, sich im öffentlichen Raum hemmungslos zu besaufen, zu lärmen und zu randalieren und dann auch noch Unmengen von Müll liegen zu lassen, ist mittlerweile nur noch mit etwas drakonischeren Maßnahmen durchsetzbar. Wenn die Jugend nicht forscht, dann trinkt sie anscheinend, weil sie ohne Feuerwasser nicht mehr tanzen kann. Jugendforscher schwimmen in Selbstmitleid und immer mehr Kinder können nicht schwimmen. Schwimmflügel, sofern sie denn nicht mit Alkohol gefüllt sind, verbessern die Performance und wo nichts mehr hilft, lernen Häuser schwimmen. Wer keinen Schwimmkörper besitzt, kauft sich einen und lässt die Felle schwimmen, denn was am Horizont verschwimmt, sollte schwimmen können. Schwindelfrei schweben wir durch die dunstige Nacht, aber ohne einen modischen Schwimmanzug, braucht man gar nicht erst anzutreten.

Die Gage für den Auftritt war eher symbolisch, der Kulturverein litt unter chronischen Geldnöten, obwohl sie immer wieder von der Kulturbehörde der Stadt unterstützt wurden, dafür konnten die Künstler aber auf Kosten des Hauses essen und trinken, soviel sie wollten. Da Cauca erst zur Spätschicht hinterm Tresen stehen sollte, blieb ihr noch genug Zeit die Musiker aus Dänemark für ihren Auftritt zurecht zu machen. Obwohl Cauca für sich selbst höchstens mal einen Kajal Stift benutzte, liebe sie es andere Leute zu schminken. Sie besaß einen stattlichen Kasten voller bunter Schminkstifte, Pasten und Farbtigel, mit denen sie ganz normale Gesichter in Clowns, Kobolde, Elfen, Teufel oder andere fantastische Gestalten verwandelte. Die Jungs waren auf ihre Art sowieso schon recht stylisch angezogen, die ungewöhnlichen, Farbenfrohen Hippie Klamotten, hatten sie teilweise selbst genäht, auch das gehörte zu ihrer Ausbildung in Arhus und nahmen mit ihren altmodischen, von der Mode des neunzehnten Jahrhunderts inspirierten Einflüssen, Elemente des Steam Punk voraus. Cauca hielt sich zurück und schminkte ihnen ganz dezent die dazu passenden Gesichter. Zusammen mit Johanna und Ratz Fatz brachen wir am späten Nachmittag auf. Johanna, bezaubernd wie immer, bezauberte auch die Künstler aus Dänemark und bevor wir die „Margarete“ erreichten, lagen sie ihr schon zu Füßen. Cauca, die schon einige Dramen zwischen Johanna und Johannes miterlebt hatte, war nicht besonders begeistert. Im Hinterhofgarten saß wieder Hippie Stefan auf der Bühne und klimperte ein wenig auf seiner Gitarre herum. Die Musiker aus Dänemark packten ihre Instrumente aus, gesellten sich einfach dazu, griffen geschickt das musikalische Motiv auf und leiteten es ganz schnell zu einem Song um. Stefan staunte nicht schlecht, als Tore, ein blonder Wikinger, der zu seiner Zimmermannshose eine bunt bestickte, schwarze Samtjacke trug, aus der die Rüschen seines weißen Hemd quollen, anfing zu singen. Tore sah ziemlich gut aus und singen konnte er auch. Kleine Kinder wurden zu Ruhe ermahnt und vor der Bühne versammelten sich ihre Mütter und ein paar Nachbarn. Nach diesem gelungenem Einstand, schwenkte Tore seinen Zylinderhut, stellte die Band vor und kündigte den Beginn ihres regulären Auftritts um zwanzig Uhr an. Am meisten bezaubert war Hippie Stefan. Deutlich weniger begeistert reagierten Kachel Jörg und Buddhisten Stefan, nicht auf die Musiker, aber auf Ratz Fatz, der mit Johanna in den Hinterhofgarten gekommen war. Dummerweise war Ratz Fatz nicht der einzige Hund im Hinterhofgarten, auf Peters Parzelle lag der ziemlich große Hund eines Anwohners stoisch im Gras und eine der Mütter hatte ebenfalls ihren Hund mitgebracht. Der Hund, ungefähr von Ratz Fatz Größe, hatte bisher brav an den Tischen vorm Eingang zum Keller ausgeharrt, aber Ratz Fatz, der voll und ganz sein eigener Herr war, animierte den Hund ganz schnell dazu, mit ihm zusammen den Hinterhofgarten zu erkunden. Mit hoch rotem Kopf verlangte Kachel Jörg von Johanna, ihren Hund sofort aus dem Garten zu entfernen, was Johanna mit Verweis auf die beiden anderen Hunde und gefährlich schriller Stimme verweigerte. Ein paar notorische Hundehasser und ein paar Hundehalter, die ihre Hunde auch gerne in den Hinterhofgarten mitgenommen hätten, befeuerten die Diskussion. Bevor Kachel Jörg und Johanna handgreiflich werden konnten, mischte Peter sich ein und lud Johanna und Ratz Fatz auf seine Parzelle ein. Das war zwar ein etwas fauler Kompromiss, von dem Ratz Fatz am wenigsten begeistert war, denn anstatt mit dem Kollegen weiter durch den Hinterhofgarten zu tollen, musste er sich nun, in Gegenwart eines eindeutig überlegenen Hundes, mit einem sehr viel kleineren Spielplatz begnügen, aber Johanna und Kachel konnten einigermaßen ihr Gesicht wahren.

Besser Holz vor der Hütte, als Stroh im Kopf.

FEEN SCHLITTEN.

Die große Warum Frage, immer wieder gefragt und doch niemals wirklich beantwortet. Weder wissen wir woher wir gekommen sind, noch wohin wir gehen werden, geschweige denn, wer für die Kosten aufkommen wird. Das Krach nicht die Antwort ist, wissen mittlerweile sogar Wunderdoktoren, aber wer den Stier bei den Hörnern packen will, bemüht sich um Rechtsbeistand und geht in die Vollen. Dabei sollte eine Vollbremsung ohne Vollversicherung unbedingt unterbleiben, denn wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Aus den Vollen können sowieso nur noch ganz besonders privilegierte Personen schöpfen, oder solche, die den Stier schon lange an der Hörnern gepackt haben. Schlitzohren machen sich einen Reim auf die Sache und zählen über die magische Sieben hinaus, aber dummerweise wächst der Kuchen nicht mehr und die Sahneschnitten sind schon lange vergeben.

Parallel dazu stieg oben am Tresen in der „Margarete“, die Stimmung in astronomische Höhen. Kachel Jörg hatte den Hinterhofgarten erfolgreich von sämtlichen, den Nachtbarschaftsfrieden gefährdenden Lärmquellen gesäubert und nur ein paar wirklich stille Kiffer und verliebte Pärchen, drucksten noch in undurchdringlichen Schatten herum. Als Peters aktuelle Mitbewohnerin, ein sehr blondes, sehr Drogen süchtiges und intellektuell nicht besonders auffälliges Mädchen, durch den Hinterhofgarten in Peters Parzelle gestolpert kam und vom Treiben oben am Tresen berichtete, beschlossen Gaby und Söhnkes Frau sofort zu handeln. Wie zwei Rachegöttinnen aus längst vergangenen Zeiten, stiegen sie die Treppe zur „Margarete“ hoch und der erste, der ihnen über den Weg lief, war Söhnke, der sein Heil sofort in der Flucht suchte und die Kneipe ganz schnell, verfolgt von seiner Angetrauten, durch den Vordereingang verließ. Buddhisten Stefan verzog sich dezent in den oberen Raum der „Margarete“, aber Johannes, Kachel Jörg und HaHe stellten sich Gaby in den Weg und verhinderten, dass sie sich an Marianne vergreifen konnte. Solcherart ihrer Handlungsfreiheit beraubt, pöbelte Gaby lautstark und ganz und gar nicht jugendfrei gegen Marianne. Das war besser als jedes Theater und alle Anwesenden verfolgten begeistert die Handlung. Letztendlich war es Johannes, dem es gelang, Gaby aus der „Margarete“ zu bugsieren und sie auf einem längeren Spaziergang durch die Nacht zu begleiten. Dann ging die Party fröhlich weiter und als der Morgen schon graute, saßen Kachel Jörg und Peter, auf Peters Stück vom Hinterhofgarten und begrüßen die aufgehende Sonne mit einem letzten Bier. HaHe brachte Marianne nach hause und tauchte erst zum späten Frühstück wieder im Schulterblatt auf, Gaby blieb verschwunden. So brach der zweite Tag des Sommerfestes an. Ohne ein Wort über Gaby oder Marianne zu verlieren, machte HaHe sich nach dem Frühstück wieder auf in die „Margarete“. Das Gaby ein paar Tage beleidigt sein würde war klar, unklar war, wer die Spätschicht am Tresen der „Margarete“, mit HaHe machen würde. Wir frühstückten weiter und Caucas Musikerfreunde aus Dänemark, die in Heidis Zimmer schliefen, Heidi begleitete ihrem Vater, einem Veterinärmediziner, zu einem Kongress in Florida, spielten ein paar alte Hippielieder für uns. Die vier Jungs studierten an der Universität von Arhus Musik und zu ihrem Studium gehörte es, eine Sommer lang als Straßenmusiker durch Europa zu ziehen. HaHe, der zuerst sehr skeptisch gewesen war, musste ganz schnell einsehen, dass die Jungs aus Dänemark super gut ausgebildet waren und auch wenn sie Hippielieder bevorzugten, so beherrschten sie denn auch Klassik, Jazz, Pop und andere musikalische Genres und Komponieren stand auch auf ihrem Lehrplan. Das nächtliche Drama in der „Margarete“, hatten sie mit erlebt und sich, wie fast alle, nicht unmittelbar Beteiligten, köstlich amüsiert. Als HaHe dann aus der „Margarete“ anrief und Cauca fragte, ob ihre Musikerfreunde eventuell einspringen könnten, die Nachbarschaftscombo hatte beleidigt abgesagt, willigten die Jungs sofort ein und Cauca bot HaHe an, ihn am Tresen zu unterstützen.

Die Sau kann man raus lassen, aber die Stellung muss man halten.

FLUNSCH KONZERT.

Warum eigentlich wird die UEFA nicht endlich, wegen unverantwortlicher Pandemie Treiberei, vorm internationalen Gerichtshof angeklagt und zur Verantwortung gezogen. Dieser Verein will, in Virus Varianten Regionen, volle Stadien erzwingen und obendrein seine Funktionäre von allen Schutz und Quarantäne Maßnahmen ausnehmen. So sieht also die Verantwortlichkeit hochbezahlter und und rundum privilegierter Sportfunktionäre aus. Erschwerend hinzu kommt ihr erratisches Verhalten, auf dem Gebiet der Rassismus Bekämpfung, die anscheinend im Verständnis der UEFA Funktionäre, nur für Menschen unterschiedlicher Hautfarbe gilt und keineswegs für Menschen unterschiedlichen Geschlechts. Wir schließen daraus, dass Fußball zwar durchaus Völker verbinden kann, aber in erster Linie die Bankkonten der Fußballfunktionäre füllt.

Fritz, der noch ziemlich nüchtern war, seine pastorale Attitüde harmonierte nicht mit ausschweifendem Trinkgewohnheiten, amüsierte sich köstlich über Gabys dramatischen Auftritt. HaHa, der sich bereits am frühen Nachmittag mit dem ersten Bier gestärkt hatte und hinterm Tresen durchaus gefordert war, denn aus dem Hinterhofgarten prasselten die Getränkebestellungen nur so zum Fenster hinein, reagierte zunehmend gereizt auf Gabys hysterische Anschuldigungen und wurde sehr ironisch, was Gaby überhaupt nicht vertrug, Ironie konnte sie nicht. Als Fritz dann auch noch anfing zu lachen, rauschte Gaby laut zeternd zur Tür hinaus, denn ein Tresendienst zusammen mit HaHe, kam für sie unter diesen Umständen nicht mehr in Frage. Von Peter und Andre, die auf Gaby Seite standen, Marianne aber trotzdem gut fanden, was sie Gaby jedoch nicht auf die Nase banden, hart kritisiert, sah Fritz ein, dass er sich nicht wirklich korrekt benommen hatte und bot HaHe an, Gabys Tresendienst zu übernehmen. Obwohl sie sich eigentlich gar nicht mochten, klappte ihr gemeinsamer Tresendienst dann erstaunlich gut, Ironie konnte Fritz auch richtig gut und HaHe hatte allen Grund, klar genug zu bleiben, um Fritz Sprüche schnell und angemessen zu kontern. Außer Peter und Andre, saß nun auch Hannah, die gerne wie ein Schatten an Fritz klebte, mit am Tresen und wenig später materialisierte sich Marianne wieder oben am Tresen und bestellte den zweiten Piccolo. Marianne war nicht nur recht trinkfest, sie konnte auch Ironie und diesmal bestand für HaHe kein Grund, sie nicht zu beachten. Peter und Andre mussten sich ebenfalls keinen Zwang mehr antun und die Stimmung am Tresen stieg. Unten im Hinterhofgarten, entwickelte sich die Situation nicht so positiv, die Nachbarschaftscombo war ein wenig uneinsichtig gewesen, was die Lautstärke und das Ende ihres Auftritts betraf und letztendlich hatte Kachel Jörg der Gruppe dann rigoros den Strom abgestellt. Die Lärm empfindlichen Anwohner des Hinterhofgartens, waren mit Mühe und Not beruhigt worden und sahen davon ab, die Polizei um Hilfe zu bitten. Richtig problematisch wurde es, die Gäste des Sommerfestes aus dem Hinterhofgarten, nach oben in die Kneipe zu komplementieren, wo sie dann weiter feiern konnten. Im Garten war es einfach schöner, aber die Nachbarn duldeten unter ihren Fenstern, kein lautes Gerede oder Lachen mehr, ganz zu schweigen von Musik. Immer wieder schlichen gerade gefundene Pärchen, meist schon anders verpaart, auf der Suche nach einem lauschigen und verschwiegenem Plätzchen, die Treppe zum Keller runter und in den Garten. Knutschen in dunklen Ecken ist meistens akustisch tolerierbar, wirklich problematisch waren kiffende Kleingruppen, deren Heiterkeitslevel mit dem Kreisen der Tüte unüberhörbar anschwoll. Wenn freundliche Ansprache durch Buddhisten Stefan, Johannes oder Söhnke nicht weiter half, kam Kachel Jörg zum Einsatz, im Zweifelsfall mit einer kalten Dusche aus dem Gartenschlauch. Ausgenommen von diesen Maßnahmen, war Peters Stück vom Hinterhofgarten, denn Peter war Anwohner und besaß dadurch einen ganz anderen Anspruch auf die Nutzung seines Gartenstücks. Dort saß mittlerweile Gaby, die durch die Fettstraße und Peters Wohnung, in den Hinterhofgarten zurück gekehrt war. Zusammen mit Söhnkes Frau, die unter der Untreue ihres Wandmalers litt, ließ sie sich weiter voll laufen und zog über Männer im allgemeinen und besonderen her, bis Söhnkes Frau davon überzeugt war, dass Marianne, diese perfide Psychologie Studentin, es auch auf ihren Söhnke abgesehen hatte.

Wer im Regen tanzt, muss nicht im Graben kämpfen.

SCHNECKEN POSTEN.

Wie die aktuelle und angeblich Diskriminierungsfreie Vieren Benennung zeigt, ohne die alten Griechen geht es bis heute nicht. Alpha, Beta, Gamma, Delta, in der Betaversion wird das Delta der Venus mit Gammastrahlen beschossen. Ob das wirklich politisch korrekt ist, lässt sich anzweifeln, denn das alte Griechenland, die Geisteshaltung der Hellenen, gilt als Ursprung des Eurozentrismus. Warum eigentlich werden die Virusvarianten, des in China erstmals entdeckten Virus, nicht in einer ganz anderen Sprache, von einen anderen Kontinent benannt und klassifiziert. Das ABC und auch nicht das griechische, ist nicht der Ursprung aller Klassifizierungen, denn der Mensch ordnet die Welt, seit sein Bewusstsein aus den Fesseln des Traumes erwachte und zur Sprache fand und das geschah sehr lange bevor Europa, auf dem Rücken eines mythologischen Tieres mit Hörnern, an Land ging.

Mittlerweile waren fast alle Kinder unter fünfzehn Jahren aus dem Hinterhofgarten verschwunden, mit Abendbrot versorgt worden und zu Bett gebracht. Der verbliebene Nachwuchs würde irgendwann im laufe des Abends, irgendwo im Garten oder in der Kneipe einschlafen und von aufmerksamen Mitmenschen zugedeckt werden. Hippie Stefan hatten die Bühne frei geben müssen und der Hauptakt des Abends, eine Blues Rock Band aus der Nachbarschaft, hatte ihr Equipment auf der Bühne aufgebaut und legte los. HaHe, der die Band sowieso echt Scheiße fand, stand oben in der „Margarete“ hinterm Tresen und zapfte Bier im Schnelldurchlauf. Im Hinterhofgarten war es mittlerweile richtig voll geworden, die Nachbarschaft, die Vereinsmitglieder und die Fans der Band, füllten den Garten. Gaby, mit der HaHe kurz zuvor eine heftige Auseinandersetzung über Abi Wallenstein gehabt hatte, stand unten im Garten direkt vor der Bühne und feuerte die Band mit lauten Schreien an. Gabys, von HaHe keineswegs geteilter Traum, ein Auftritt von Abi Wallenstein im Hinterhofgarten der „Margarete“, hatte die beiden mal wieder zuverlässig entzweit. Oben am Tresen herrschte kein Gedränge, Peter und Andre, zwar nicht unbedingt Freunde, aber auch keine Fans der Combo im Hinterhofgarten, ließen sich, unterstützt von ein paar unbelehrbaren Bären aus der Nachbarschaft, systematisch volllaufen. Das war so weit alles ganz in Ordnung, bis Marianne auf der Bildfläche erschien und nicht nur den anwesenden Säufern ins Auge stach, sondern auch HaHe, auf den sie es sowieso abgesehen hatte. Seit Marianne HaHe im „Mader“ kennen gelernt hatte, war sie hinter ihm her und hatte schon eine Party in der Wohngemeinschaft fast gesprengt. HaHe, der sehr wohl wusste, was Mariannes Auftauchen für Konsequenzen haben könnte, spendierte ihr einen Piccolo Sekt, berief sich auf seine Pflichten als Tresendienst und vertiefte sich ganz schnell in ein intensives Gespräch über die Belange des Kulturvereins, mit Peter und Andre. Solcherart links liegen gelassen, rauschte Marianne die Treppe zum Keller hinab und in den Hinterhofgarten, wo sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, auf Gaby treffen würde. Der nochmal anschwellende Geräuschpegel aus dem Hinterhofgarten, bestätigte meine Vermutung und als Gaby wutentbrannt oben vorm Tresen stand, tat mir HaHe sogar ein bisschen leid. Der bloße Anblick von Marianne hatte Gaby so dermaßen aufgebracht, dass sie alle Anwesenden sofort zu einer Stellungnahme nötigen wollte. Das klappte natürlich nicht, Marianne, die weder blöd noch hässlich war, fand genauso wie Gaby ein Fanteam, das bereit war sich in die Schlammschlacht für seine Favoritin zu werfen. Die Nachbarschaftscombo auf der Bühne, nutzte die Situation aus und machte beschwingt weiter, obwohl es schon viel zu spät war und aus den Fenstern zum Hinterhofgarten wütende Kommentare kamen, was wiederum ein paar Vereinsmitglieder alarmierte.

Wer macht bestimmt, wer heult gewinnt.

EINIGUNGSMITTEL.

Heute stolperte ich über kulpabilisieren, ein Wort das mir zuvor noch nie begegnet war. Der Rechtschreibprüfung ging es genauso, was allerdings nicht das Maß der richtigen Sprache sein soll. Diese manchmal durchaus hilfreiche Instanz, ist keinesfalls allwissend und hinkt der aktuellen Sprachentwicklung ein wenig hinterher. Nach der trickreichen Erschummelung des kleinen Latinum, vor über fünfzig Jahren, blieb zumindest „Mea Culpa“, traut vereint mit der auch nicht Lateinern bekannten Weisheit, dass „Errare Humanum Est“, bei mir hängen. Mit Schuldscheinen sollte man trotzdem nicht um sich werfen und wer nun munter los kulpabilisiert, hängt die Latte ganz schön hoch. Schwer zu verstehen ist auch dieses ständige chargieren zwischen C und K und wer nicht beim Wort genommen werden will, weist alle Schuld weit von sich.

Die alle verbindende Tischtennisplatte, war so beliebt, dass sie teilweise nur unter Aufstellung einer Warteliste, halbwegs Konflikt frei genutzt werden konnte. Gerne auch wurden Turniere veranstaltet und zu den wichtigsten Dokumenten des Vereins, gehörte ein Ordner, in dem die Punktestände der Tischtennisspieler und Spielerinnen festgehalten wurden. Nebst der Buchhaltung, oblag auch die sichere Verwahrung des Tischtennisordners Andre. Für die Dauer des Sommerfestes sollte die Tischtennisplatte abgebaut werden, damit das Publikum sich besser vor der Bühne versammeln konnte, was zu heftigen Protesten von Seiten der Lager übergreifenden Spielergemeinschaft führte. Als Kachel Jörg kurz davor stand, seine Mitarbeit beim Sommerfest zu verweigern, lenkte Andre, der das Lager der Tischtennis Ignoranten anführte ein und die Platte wurde nicht abgebaut, sondern in die Ecke hinterm Kirschbaum getragen. Der Hinterhofgarten wurde offiziell nie vor drei Uhr am Nachmittag geöffnet und so konnten Kachel Jörg, Buddhisten Stefan und die Wandmaler, die allesamt rund um die „Margarete“ wohnten, die Platte vormittags an ihren Platz zurück tragen und spielen, bis der Hinterhofgarten geöffnet wurde. Der Umstand, dass im Kühlschrank der „Margarete“ kühles Bier stand, wurde auch gerne genutzt, schließlich war ja Sommerfest und es gab eine Menge zu organisieren. HaHe hatte sich kurz nach dem Frühstück, angeblich wegen unaufschiebbaren Vorbereitungsmaßnahmen für das Sommerfest, auf den Weg in die „Margarete“ gemacht. Der Tresendienst war für die Dauer des Sommerfestes, unter den dazu geeigneten Vereinsmitgliedern aufgeteilt worden, was nicht ganz einfach war, denn wer hinterm Tresen stand, sollte zumindest halbwegs nüchtern bleiben und außerdem sollte ab acht Uhr am Abend, keine Frau mehr alleine hinterm Tresen stehen. Gaby und HaHe hatten freiwillig eine der letzten Schichten übernommen, die von acht Uhr abends bis zur Schließung des Ladens dauerte. Danach musste dann noch der aktuelle Kassenstand festgehalten werden. Diese finale Hürde hatte schon öfter zu allerhand Unstimmigkeiten im Verein geführt, denn ein paar Mitglieder waren am Ende ihrer Schichten nicht mehr dazu in der Lage gewesen, dass Geld in der Kasse zu zählen. Der ehrenamtliche Tresendienst war bei den meisten Vereinsmitgliedern recht beliebt, dass Ehrenamt wurde mit freien Getränken für den Dienst belohnt. Peter war zum Tresendienst nicht zugelassen. Trotzdem war es unter der Woche oft problematisch die Abendschichten zu besetzen, denn etliche Vereinsmitglieder mussten früh aufstehen. Die Nachmittagsschichten von 15:00 bis 20:00 Uhr, wurden zum größten Teil von ein paar Frauen aus der Nachtbarschaft übernommen, die sich mit den Verkauf ihrer selbstgebackenen Kuchen ein bisschen Geld dazu verdienten. Zu den Obligenschaften der Spätschicht gehörte auch, die Kneipe aufgeräumt, Geschirr und Gläser sauber in die Regale eingeräumt, die Kühlschränke gut befüllt, mit sauberen Toiletten und durch gewischten Räumlichkeiten zu hinterlassen. Das klappte meistens nur rudimentär und die Frauen aus der Nachmittagsschicht kümmerten sich darum, weswegen sich niemand an ihren Zuverdienst durch die selbstgebackenen Kuchen störte. Um schwerwiegende Konflikte zu vermeiden, wurde die sehr viel zeitraubendere Reinigung der Toilettenräume über die Tage des Sommerfestes, extra bezahlt.

Mit Kamillen kann man chillen.

MUT TIERE.

Wieder gut wird es nicht werden und wer gut sein will, hält sich zurück. Hier nun eine kleine Auflistung völlig unakzeptabler Verhaltensweisen. Reisen außerhalb eines regionalen Umfeldes geht gar nicht, Lebensmittel und Bekleidungsstücke von anderen Kontinenten sowieso nicht. Persönliche Fortbewegungsmittel oberhalb eines Fahrrad auch nicht, weil man das Klima nicht mauscheln kann. Gemauschelt wird sowieso, immer und überall und wer nicht mit mauschelt, hat verloren. Das die Anderen nicht Schuld sind, ist schon höhere Mathematik und wer wirklich etwas verändern will, fängt bei sich selbst an und hört auf zu jammern. Das man kurz denken kann, ist schon fatal genug, denn Kurzschlüsse gibt es ohne Ende und wer nicht kurz einhalten kann, zieht sowieso den Kürzeren. Verkürzt läuft es darauf hinaus, dass Kurze unsterblich sind, denn in der Kürze liegt die Würze.

Peters Wohnung lag im Souterrain eines Mietshauses an der Fettstraße. Sie war groß, aber verwirrend verschachtelt, ziemlich düster und etwas feucht. Wer nicht über den Hauseingang in der Fettstraße kam, betrat die Wohnung durch den Hinterhofgarten und manchmal diente Peters Zwei Wege Wohnung auch der Flucht vor Verfolgung, durch die Behörden oder eifersüchtige Beziehungspartner. Das Ambiente des Labyrinths war unübersehbar Hippie mäßig, eine Hinterlassenschaft seiner letzten, längeren Beziehung, die ihn schon vor ein paar Jahren verlassen hatte. Seitdem trank Peter, der schon immer gerne getrunken hatte, viel zu viel und ließ immer wieder junge Streunerinen, die sich in die „Margarete“ verirrt hatten, in seiner Wohnung übernachten. Die Mädchen wurden dann erst mal von sozial engagierten Vereinsmitgliedern betüdelt, was manchmal sogar half, aber meistens lief es drauf hinaus, dass die Mädchen ordentlich auf Peters Zettel tranken und über kurz oder lang mit irgendeinem Kerl verschwanden, der ihnen das Blaue vom Himmel versprochen hatte. So wuchs Peters Zettel, der sowieso schon der stattlichste Zettel von allen Zetteln war, ins astronomische und war immer wieder Thema ausufernder, aber völlig sinnloser Diskussionen. Manchmal tauchten die abtrümmigen Mädchen auch wieder auf, nicht mit dem Blauen vom Himmel, sondern mit blauen Augen und blauen Flecken und im kompliziertesten Fall gesegneten Leibes. Peter nahm sie sofort wieder auf. Peters Stück vom Hinterhofgarten, wurde durch einen eher symbolischen Zaun, der sogar eine kleine Pforte besaß, markiert. Es kam immer mal wieder vor, dass sich ortsunkundige Gäste der „Margarete“, auf Peters Parzelle verirrten, sich in seiner Hollywood Schaukel, an seinem Tisch und auf seinen Stühlen nieder ließen, aber sie wurden schnell eines besseren belehrt. Bei Peter fanden die eher informellen Sitzungen des Kulturvereins statt, dort saßen, Fritz, Söhnke und Johannes, Kachel Jörg und HaHe und außer Pastor Fritz, spielten sie auch gerne mal Schach um Geld. Wenn Peter halbwegs nüchtern war, war er unschlagbar, aber mit halben Sachen gab Peter sich ungern ab und HaHe setzte ihn regelmäßig Schach matt. Nicht so gut mit Peter standen sich Buddhisten Stefan und Buchhalter Andre. Andre, dem die gesamte Buchführung des „Kulturverein Margarete“ unterstand, war schon vor seinem dreißigsten Lebensjahr Frührentner geworden, er hinkte ein bisschen, hätte sich auch für die Rolle des Quasimodo bewerben können und kannte sich in der Sozialgesetzgebung blendend aus. Mit Frauen kannte Andre sich dafür überhaupt nicht aus, aber fast alle Frauen schwärmten für Buddhisten Stefan, der so sanftmütig und Verständnisvoll war. Sie verziehen im sogar, dass er mit einer Furie liiert und Vater zweier Kinder, eben dieser Furie war. Das Stefan ziemlich groß war und überdurchschnittlich gut aussah, spielte sicherlich auch eine Rolle, dass fast alle Frauen im Umfeld des Kulturvereins wussten, dass er auf dem Nachttisch ein Bild seiner großen Liebe, seines über alles verehrten Gurus aufgestellt hatte. An der Tischtennisplatte zwischen dem Sandkasten und den Tischen direkt am Haus, trafen die konkurrierenden Fraktionen sich und manchmal trugen sie ihre Konflikte sogar sportlich aus. HaHe und Kachel Jörg behaupten sich gerne an der Tischtennisplatte, Peter und Andre fielen komplett aus, Buddhisten Stefan spielte super und die Wandmaler konnten mal gerade eben mithalten.

Blau kann man sein oder sehen.

GELD WESTEN.

Auf die Berater kommt es an, denn nur wer wirklich gut beraten wird, hat eine Chance auf den Sieg und wird über Wasser gehen und deswegen wird aller Wahrscheinlichkeit nach, der unfähigste von allen den Sieg einfahren, weil seine Berater wirklich gut sind. Sowieso ist es nicht die Politik, wie schon Herr Clinton wusste, sondern die Wirtschaft, die, die Dinge bewegt und die wird immer grüner und nachhaltiger, denn mächtige Tiere wollen überleben. Ob man die Uhr wirklich zurück stellen kann, wird sich in nächster Zukunft zeigen und lustig wird es nicht. Zum Lachen braucht man auch nicht mehr in den Keller gehen, wenn es nichts mehr zu lachen gibt. Trotz alle dem ignorieren wir unangenehme Fakten einfach, ob sie nun alternativ sind oder auch nicht. Wer noch eine Alternative hat, nimmt seine Chance wahr und kauft sich einen Wasserstoffofen, ein Wasserstoffboot und ein Wasserstoffauto, denn ohne Wasser geht es nicht.

Das Stefan an der Gitarre nur leidlich begabt war und sein Gesang dem entsprach, tat seiner Beliebtheit beim weiblichen Publikum keinen Abbruch und HaHe, der so tollkühn war, über Stefans Vortrag zu lästern, fuhr sich auf der Stelle einen heftigen Tadel von Gaby ein. Fast alle Frauen im Publikum wussten, dass Stefan es mit seiner exzentrischen Mutter, die sich meistens mehr für ihre Liebhaber, als für ihren Sohn interessierte, es nicht gerade leicht hatte. Als er vierzehn Jahre alt war, ging seine Mutter mit ihrem aktuellen Partner auf eine längere Reise und ließ ihn einfach in der Wohngemeinschaft zurück, er war ja schließlich alt genug und außerdem hatten ihre Mitbewohner zugesagt, sich um Stefan zu kümmern. Seine Freunde und Klassenkameraden beneideten ihn um seine Freiheit und von den drei Müttern, die er schon lange hatte, waren ihm immer noch zwei geblieben. Sie kümmerten sich liebevoll um ihn und sozialisierten ihn ziemlich weiblich. Lange, ausufernde Gespräche, über mindestens genauso ausufernde Gefühle, waren völlig normal für Stefan und zuhören hatte er auch gelernt. Als er anfing sich für Frauen zu interessieren, kam ihm das ungemein zu gute. Seine Väter suchte er sich selbst, Männer die ihm irgendwie imponierten, mit handwerklichen Fähigkeiten, mit Spezialwissen, mit Können am Schachbrett und an der Gitarre und mit ihrem Auftreten. Diese Vorbilder männlichen Rollenverhaltens, waren manchmal etwas zweifelhaft, aber Stefan wählte sie selbst aus. Er schloss sich an sie an und saugte, so viel wie möglich, von ihren Können und Wissen auf. Mit Kachel Jörg, von dem er eine Menge über Pflanzen gelernt hatte, verstand er sich besonders gut und manchmal träumte er davon, als bäuerlicher Selbstversorger in einer Landkommune zu leben. Kachel Jörg träumte nicht davon Bauer zu werden, er träumte davon reich zu werden, nur noch in seinem eigenen Garten zu gärtnern und er arbeitete zielstrebig darauf hin. Er spezialisierte sich auf alte Kacheln, vorzugsweise aus der Zeit des Jugendstil, die er aus Abbruchhäusern holte. Seine Arbeit als freischaffender Gärtner, ließ ihn in der ganzen Stadt herum kommen und wo er ein leer stehendes Haus sah, hielt er sofort an und sah sich um. Nach gründlicher Einschätzung der Lage, holte er sich die Kacheln einfach so, oder machte den Eigentümer der Immobile ausfindig und bat um Erlaubnis, vor Abriss des Hauses, die Kacheln von den Wänden zu holen. Das klappte eigentlich fast immer und mittlerweile hatte Jörg viel Geld mit den alten Kacheln verdient. Kachel Jörg lebte bescheiden und kaum jemand in seinem Umfeld begriff, dass Kachel Jörg mittlerweile richtig wohlhabend geworden war. Die meisten Vereinsmitglieder, hielten den Kachelhandel für ein kleines Zubrot und Kachel Jörg für einen ziemlich eigenbrötlerischen Schrat. HaHe, der mit Kachel Jörg Schach spielte, begriff recht schnell, dass er einem ausgekochten Schlitzohr gegenüber saß, aber er hielt die Klappe, denn Kachel Jörg konterte nicht nur auf dem Schachbrett erfolgreich, sondern auch verbal und das schätzte HaHe sehr. Mit Kachel Jörgs bestem Freund Peter, Bewohner einer an den Hinterhofgarten grenzenden Souterrain Wohnung, mit eigener Parzelle im Hinterhof, lieferten sie sich Stunden lange Gefechte, auf dem Schachbrett und um den besten Spruch. Auf Peters Garten Stück trafen sich die Eingeweihten, die Ureinwohner, die Gründer und Gründerinnen des Vereins und immer mit dabei war Peters riesiger, schwarzer Kater Tom.

Klinken kann man putzen, Lebensläufe muss man frisieren.