STUSS
     MUND

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31.07.19 28.07.19 25.07.19 22.07.19 19.07.19 16.07.19 13.07.19 10.07.19 07.07.19 04.07.19 01.07.19
QUACK WURST.

Eigentlich ist es ja alles ganz einfach, es muss nur die Vernunft siegen. Wer bei der nächsten Bundestagswahl eine Partei wählt, die endlich die Silvesterknallerei und noch ein paar andere, mindestens genauso unnötige Knallevents verbietet, sorgt dafür die Feinstaubbelastung der Atmosphäre deutlich zu reduzieren. In wenigen Stunden einer einzigen Nacht, werden zwischen fünfzehn bis zwanzig Prozent, der jährlichen Menge des durch Autoverkehr erzeugten Feinstaubs frei gesetzt. Das wäre doch schon mal ein Anfang. Als nächstes werden Privatflugzeuge verboten, denn es ist in keinster Weise zu rechtfertigen, dass Einzelpersonen gewaltige ökologische Fußabdrücke produzieren. Das meine Heimatstand nicht bereit ist den Klimanotstand zu erklären, ergibt sich von selbst, denn sonst müsste die Elbvertiefung ersatzlos gestrichen werden. Weltweit schmelzen die Gletscher, schneller als jemals vermutet und den Hamburgern fällt dazu nichts anderes ein, als einen Highway für die nächste Sturmflut zu baggern.

So schön die Terrasse ist, so spartanisch ist das Angebot an Speisen. Beim Kiosk, der noch nicht mal das ganze Jahr geöffnet hat, sondern erst im späten Frühjahr den Betrieb aufnimmt und schon wenn der Herbst noch recht milde ist, die Rollläden wieder runter lässt, gibt es ein paar Kaltgetränke, mehrere Kaffeevariationen, Eis und als einziges warmes Gericht Bockwurst mit Kartoffelsalat. Die Preise sind ziemlich happig und seit die Betreiber dieses Frühjahr gewechselt haben, noch happiger geworden. Die Bockwurst wird gerne von älteren Herrschaften genommen, die sie dann mit Schweißperlen auf der Stirn, in der Hitze des sommerlichen Nachmittags vertilgen. Ich gönne mir jedes mal die klassische Eisvariation, Vanille, Erdbeer und Schoko mit Sahne und mein Angetrauter nimmt wie immer einen Latte Macchiato, dessen Qualität er zuverlässig bemängelt. Sobald man sich nieder gelassen hat, erscheinen auch schon die ersten Enten am Tisch und bitten mit treuherzigem Hundeblick um eine milde Gabe. Die Enten sehen alle mächtig proper aus, manch einer wäre ein beherzter Übergriff durchaus zuzutrauen, aber schon auf dem Weg zum Cafe Palme wird man bereits durch mehrere Schilder darauf hingewiesen, dass es verboten ist, die Wasservögel zu füttern, da sie allesamt bestens genährt seien. Wir halten uns daran, aber die Enten lassen sich nicht entmutigen und ziehen von Tisch zu Tisch, bis sich dann doch jemand erweichen lässt, oder etwas Essbares vom Tisch fällt. Ein paar Spatzen machen auch mit, aber sie betteln nicht. Die meisten Gäste auf der Terrasse des Cafe Palme sind schon im Rentenalter, was einerseits daran liegt, dass wir den Botanischen Garten vorzugsweise unter der Woche besuchen, weil es dann nicht so voll ist und andererseits daran, dass im Park keine Hunde zugelassen sind und auf dem Rasenflächen nicht gegrillt werden darf. Einen Spielplatz gibt es auch nicht, aber dafür im Sommer ein wunderbar antiquarisches Zelt mit Puppentheater. Trotzdem kann man ganz vorzüglich im Park picknicken, überall laden in schattigen Ecken, oder auch der Sonne zugewandt, Bänke zum verweilen ein. Viele dieser Bänke sind liebevoll gestaltet und manchmal sogar mit einem Tischchen versehen. Für den Fall das es regnet, stehen ein paar kleine Pavillons im Park, unter denen man sich ebenfalls niederlassen kann. Die Eierschalen und Brotpapierreste in den Müllkörben zeugen davon, dass das Angebot wahrgenommen wird. Bei unserem letzten Besuch des Cafe Palme saß am Nebentisch unter einem Sonnenschirm eine zart gebräunte, dezent esoterisch angehauchte Mittdreißigerin, die sehr professionell mit einem Raider Tarot Deck hantierte. Zwischendurch telefonierte sie, oder spielte Pokemon, dann mischte sie die Karten aufs neue und machte sich ganz altmodisch Notizen in einem Schreibheft. Der Latte Macchiato meines Angetrauten war noch nicht halb ausgetrunken, da setzte sich ein junger Mann zu ihr an den Tisch und nachdem er eine Zigarette geraucht hatte, mischte sie die Karten wieder neu und ließ ihn eine Karte ziehen, die er ihr dann verdeckt reichte. Nach eingehender Betrachtung legte sie die Karte mit dem Bild nach oben auf den Tisch und gab eine Einschätzung der Kartentechnischen Situation zum Besten. Der junge Mann wirkte tief beeindruckt und anscheinend war die Botschaft der Karten nicht sonderlich positiv, denn die Interpretin strich ihm mitfühlend über den Arm. Dann rauchten sie beide eine Zigarette, die Tarot Spezialisten packte ihr Kartendeck ein und sie verließen die Terrasse des Cafe Palme.

Freiwillig bleibt die Butter nicht bei den Fischen.

ZWIEBEL GARTEN.

Das wir in einem irgendwie rational geprägten Zeitalter leben, bezweifle ich stark. So ist die Klimaveränderung zwar in aller Munde, aber wenn es darum geht etwas zu tun, was über die Forderung Kohlekraftwerke abzustellen hinaus reicht, herrscht Schweigen im noch vorhandenen Restwald. Jedes Jahr wieder wird von den Autobahnen und vielen Nebenstraßen auch, ein neuer Stau Rekord gemeldet. Die Frage wie Umwelt freundlich das eigentlich ist, taucht grundsätzlich nicht auf, denn Urlaub, möglichst weit weg, ist sakrosankt, wie in einem magischen Weltbild. So ist dann gut, was mir gefällt und böse, was mir nicht gefällt. Der Strom, der aus der Dose kommt und sich auf seinem Weg durchs Netz komplett egalitär vermischt, wird leider immer noch nicht im Himmel produziert, sondern in Kraftwerken aller möglicher Art. Stromzähler machen da keinen Unterschied und über den Preis kann man gerecht gar nichts regeln, denn der Markt hat ja sowieso schon versagt und das Klima ruiniert.

Wenn man an der Ecke Altonaer Straße / Schulterblatt in einen Bus der Linie 115 steigt, konnte man bis vor kurzen direkt vor die Tore des Botanischen Garten in Klein Flottbek fahren. In einer guten halben Stunde, je nach Verkehrslage mal mehr und mal weniger, geht es erst nach Altona und von dort weiter in die Elbvororte. Mit der Entfernung vom Altonaer Bahnhof, werden die Gärten immer größer, die Bäume und die Häuser immer älter, sowohl die Bäume als auch die Häuser sind bestens gepflegt und die Villendichte steigt enorm. Auf den breiten, gut beschatteten und manchmal sogar aus fest gestampftem Sand bestehenden Bürgersteigen, ist nicht besonders viel los, ein paar Rentner führen ihre Hunde spazieren und ein paar junge, sonnengebräunte Menschen, ihre langen Beine, ihren Tennis Dress oder ein Skateboard. Solange man nicht das Pech hat, von einem Busfahrer chauffiert zu werden, der besser hinterm Steuer eines Gokarts säße, beginnt die Erholung hier, denn man gondelt durch eine grüne, dem Auge schmeichelnde Villenlandschaft. Bis zum Altonaer Bahnhof ist der Bus meistens brechen voll, dann steigt ein großer Teil der Passagiere aus, aber während der Schulzeit, füllt sich der Bus in Altona ganz schnell wieder mit Schulkindern aller Altersgruppen. Zwischen Altona und der Haltestelle Agathe Lasch Weg, steigen dann immer mehr Kinder aus und wenige Rentner zu und hinterm Hochrad am Jenischpark sitzen meistens nur noch ein paar Rentner im Bus. In Klein Flottbek angekommen muss man nur noch die Straßenseite wechseln und dann steht schon vor der, von Waldemar Otto geschaffenen Bronzestatue, mit dem Titel, Adam plündert sein Paradies. Adam ist ziemlich groß, kahlköpfig, lediglich mit einem etwas zu knappen Slip bekleidet und seine Streichholzbeine sind so dünn, wie sein Bauch dick. Er ist überhaupt nicht schön, aber hinter der Statue des Paradies Plünderers wird es dann wirklich schön. Wenn man Glück hat, wird man schon im Eingangsbereich und vorm Betreten des Parkgeländes, von einem psychedelisch buntem Blumenmeer empfangen. Hinterm Tor laden gleich mehrere Bänke zum Verweilen ein und nach ungefähr zwanzig Metern steht man direkt vor der androgynen Bronzeplastik des Kopfes von Loki Schmidt. Wahrscheinlich hat die Botanikerin und Kanzlergattin, sich mit diesem Garten tausendmal unsterblicher gemacht, als ihr beherzt aktionistischer Gatte. An der Büste teilt sich der Weg, links mit dem Uhrzeigersinn, geht es runter zum See und durch den Bibelgarten zum Cafe Palme, vor den großen Gewächshäusern. Rechter Hand, gegen den Uhrzeigersinn, ist man schnell im Garten der Nutzpflanzen, bei den Kartoffeln, dem Mais, den wunderschönen Tabakpflanzen und bei der blauen Pyramide im Wüstenareal. Wir halten uns grundsätzlich linker Hand und kommentieren auf dem Weg zum Cafe Palme den Bibelgarten. Außer etlichen Texttafeln mit üppiger, wenn auch etwas Mythos lastiger Information, ist dort botanisch ziemlich wenig los. Kurz vorm Cafe Palme bewundern wir dann immer wieder den Olivenbaum, den Loki Schmidt und ein ihr sehr vertrauter Gärtner, aus Palästina nach Hamburg gebracht haben. Der Olivenbaum aus dem heiligen Land, wird jeden Winter mit einem auf fest verlegten Schienen fahrbaren Gewächshaus, vorn den Unbill der hiesigen Witterung geschützt. Hinterm Öilvenbaum öffnet sich, direkt neben den großen Gewächshäusern, die mit Palmen bestandene Terrasse des Cafe Palme.

Kaffee im Sack kann man kaufen.

WELT AUTOMAT.

Es ist mir ein Rätsel, was umweltfreundlich daran sein soll, das trendig gekleidete Hipster und zu über fünfzig Prozent eher übergewichtige junge oder mittelalte Menschen, so um die fünfhundert bis tausend Meter auf einem elektrifizierten Untersatz zurück legen. Der Umwelt und auch ihrer und ihrer Mitmenschen Gesundheit zu liebe, sollten sie besser zu Fuß gehen. Dieser völlig überflüssige Lifestyle Schrott verbraucht sinnlos Ressourcen und Energie. Das ist nicht die E-Volution, wie auf total zeitgeistig designten, fett grün eingefärbten Werbeplakaten behauptet wird und mindestens genauso 2018 wie SUVs. Parkplätze braucht man tatsächlich nicht zu suchen, man stellt oder legt die Dinger einfach an den Rand des Bürgersteigs, wo sie dann als feine Verkehrshindernisse für erheblich viel umweltfreundliche Fußgänger weiter leben. Ein klassischer Fall von Greenwashing, für ein Spielzeug, das einzig und allein der Steigerung des Umsatzes dient.

Die nächste kulinarische Veränderung im Schulterblatt war das La Sepia, ein Portugiese. Wer portugiesisch essen wollte, hatte sich bis zur Eröffnung des La Sepia zum Portugiesen Viertel unten am Hafen aufmachen müssen und dort die Wahl unter etlichen Lokalitäten. Das La Sepia zog in die Räume eines ehemaligen Tanzcafes, dessen Angebot mittlerweile nicht mehr ganz zeitgemäß war und deswegen aufgegeben hatte. Auf der Speisekarte standen hauptsächlich Fischgerichte und wer keinen Fisch mochte, musste sich an das Huhn in Tontopf oder das Lammfilet in Knoblauchsoße halten. Vorweg gab es Aioli und Brot und ich musste jedes mal aufpassen, dass ich nicht schon vor Erscheinen des Hauptgerichtes Unmengen von Aioli mit Brot verspeiste. Der Wein, ob rot oder weiß, wurde in viereckigen Einliter Karaffen auf den Tisch gestellt und zum Ende der Mahlzeit schätzte die Bedienung, wie viele Gläser Wein der Karaffe im Laufe des Abends entnommen wurden, was regelmäßig zu Unstimmigkeiten führte. Danach gab es dann statt Ouzo einen Brandy Mel oder auf Wunsch auch einen Obstbrand. Viel wichtiger aber war, dass die Küche des La Sepia bis weit nach Mitternacht geöffnet hatte, ein Angebot das wir gerne in Anspruch nahmen, außerdem war das Serviceteam freundlich und hatte nichts gegen Hunde. Johannas komplett unerzogener Hund Ratz Fatz, der grundsätzlich tat was ihm beliebte und dazu gehörte möglichst jede Küche seines erreichbaren Umfeldes aufzusuchen, wurde nicht etwa der Küche verwiesen, sondern mit einem Leckerlie verwöhnt. Im Laufe der Jahre wurde das Essen im La Sepia nicht unbedingt besser, aber der Laden brummte trotzdem, mittlerweile sind sie an den Pferdemarkt gezogen, wo sie ihre Außengastronomie erheblich vergrößern konnten. Die Speisekarte hat sich nicht wesentlich geändert und der Wein kommt immer noch in viereckigen Karaffen auf den Tisch. Ein paar Jahre bevor das La Sepia seine Tore im Schulterblatt öffnete, ließ sich in einem kleinen, sehr alten Haus in der Lerchenstraße, kurz vor der Ecke Stresemannstraße, die Galerie Tolerance, ein thailändische Restaurant, nieder. Chinesisch kanten wir ja, aber thailändisch war noch eine Nummer exotischer und obwohl die Preise in der Galerie am oberen Ende des Viertel üblichen Spektrums lagen, kam das Angebot gut an, denn das Essen schmeckte wirklich gut. Die Galerie galt lange als Geheimtipp und wurde keineswegs nur von den Anwohnern besucht. Der Laden bestand aus einem kleinen Eingangsraum und einem etwas größeren Hinterzimmer, in dem sich auch ein Klavier befand. An Wänden der Gasträume und im ersten Stock wurden Bilder und Photographien ausgestellt, die regelmäßig wechselten. Der Service bestand aus der Chefin und einer Hilfskraft und in der winzigen Küche kochte eine Asiatin, die tatsächlich aus Thailand kam und auf Wunsch richtig scharf kochen konnte. Die meisten Gäste, wie ich auch, wollten es nur ein bisschen scharf haben und die Köchin hielt sich daran, eines Abends verirrte sich jedoch eine extra scharfe Chilischote auf meinen Teller. Da sie sich sehr geschickt getarnt hatte, biss ich kräftig auf die Schote und sie war so scharf, das ich überhaupt nicht mehr aufhören konnte Feuer zu spucken. Ich röchelte bestimmt eine halbe Stunde mit Tränen in den Augen vor mich hin und erst als die Chefin mir einen Teller mit Ananas Ringen reichte, linderte sich das brennende Gefühl in meinem Mund langsam. Der Vorfall blieb unvergessen und die Chefin versicherte mir noch Jahre später mit einem Augenzwinkern, dass das Essen ganz bestimmt nicht scharf sei, wenn sie es an den Tisch brachte.

Umso dünner die Geschichte, umso dicker das Ende.

QUER MACHT.

Als Onkel Erich Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts und ungefähr zehn Jahre später, Dirk vom Kaiser Karl Gymnasium, nach ihren Abitur per Anhalter nach Indien reisten, wofür sie mehrere Monate benötigten, haben sie wahrscheinlich tausendmal mehr über die Kulturen, der von ihnen durchreisten Länder gelernt, als ein Abiturient oder eine Abiturientin, die heutzutage, nach ihrer rauschenden Abifeier, in den nächsten Billigflieger steigen, um, um die Welt zu reisen. Dort treffen sie sich dann mit ihresgleichen, alle jung, schön und gebildet zur großen Party und bilden sich ein, wirklich tolerant zu sein. Junge Leute sollten auf keinen Fall fliegen, sie sollten Zeit haben mit der Bahn, dem Bus oder ganz und gar altmodisch per Anhalter zu reisen. Mich kotzen diese verlogenen Argumente an, die Jugend müsste fliegen, um tolerant zu sein, denn Fliegen ist ein umweltschädlicher Anachronismus.

Das Imbiss Äquivalent des griechischen Restaurants, ist der türkische Imbiss. Als ich vor über vierzig Jahren nach Hamburg zog, gab es in meiner Heimatstadt weder ein griechisches Lokal, noch einen türkischen Imbiss. Wer etwas auf sich hielt ging zum Jugoslawen oder zum Italiener und wer wirklich mutig sein wollte, traute sich in das erste chinesische Lokal, das sich am Ort angesiedelt hatte. Im Schulterblatt gab es damals schon einen türkischen Imbiss und es war der einzige türkische Imbiss im gesamten Viertel. Immer wenn ich Besuch aus der Provinz bekam, führte kein Weg an diesem Imbiss vorbei und auch wenn man von Döner ganz bestimmt nicht schöner wird, erfreuten sich die Dönertaschen des Türken doch allseits großer Beliebtheit. Der Imbiss war bis weit nach Mitternacht geöffnet, am Wochenende sogar bis in die frühem Morgenstunden und für den Heißhunger, der einen zu später Stunde unverhofft überfallen kann, ideal geeignet. Im Hintergrund saß meistens eine kleine, unablässig rauchende Gruppe schnauzbärtiger, wohlbeleibter Herren vor winzigen, goldgerandeten Teegläsern. Sie spielten Karten und palaverten, derweil hinterm Tresen ein weibliches Wesen, natürlich mit Kopftuch und manchmal unterstützt von einem Jugendlichen Aspiranten, vor sich hin schuftete. Es dauerte ziemlich lange, bis ich begriff, dass es im Imbiss nicht nur Döner, Käsestangen, Salat und Kaltgetränke mit und ohne Alkohol zu kaufen gab. Als sie das Viertel dann ungefähr zwanzig Jahre mit Döner versorgt hatten, kauften sie das Haus und verpachteten den Imbiss an einen Asiaten. Nachdem ich mir eines Nachts, nicht mehr ganz nüchtern, im Anschluss an eine Dönerorgie mit meinen Freunden aus der Provinz, leichtsinnigerweise vorstellte, wie viele Dönertaschen der Imbiss wohl schon in die Welt entlassen hatte und zu dem Schluss kam, dass es ohne weiteres möglich sein müsste, mit den dort produzierten Dönertaschen, das Schulterblatt mehrfach bis zu den Dächern der Häuser zu füllen, habe ich nie wieder ein Döner gegessen. Der nächste türkische Imbiss befand sich dann schon mehr in Kiez Nähe. Das Ali Baba in der Wohlwillstraße war fast rund um die Uhr geöffnet und bot sich als letzte Anlaufstelle auf dem frühmorgendlichen Heimweg vom Hafen zur Schanze an. Die Palette der Speisen war um einiges größer, als beim Imbiss im Schulterblatt und vor allen Dingen gab es auch Fallafel. Außerdem konnte man in einem, von der Straße schwer einsehbaren Hinterraum an mehreren wackeligen Tischen im Sitzen essen, ohne misstrauisch von ein paar älteren, schnauzbärtigen, türkischen Herren beäugt zu werden. Am liebsten ging ich allerdings zu Mr Kebab, direkt an der Ecke Beim Grünen Jäger / Thadenstraße gelegen. Damals wurde der Laden, eine Mischung aus Imbiss und Restaurant, noch von den Eltern der heutigen Betreiber geführt. In der Küche stand die Mutter hinterm Herd und ich habe nie wieder so ein leckeres Iskender Kebab gegessen, wie dort. Die Küchenchefin beherrschte die Kunst, die Joghurtsoße mit Knoblauch zu erhitzen, ohne das sie gerann und die ebenfalls heißen und gut gewürzten Fleischspieße, zusammen mit den waren Tomaten auf eben dieser Soße zu platzieren. Mr Kebab war bei den Anwohnern und den Gewerbetreibenden der umliegenden Betriebe außerordentlich beliebt, denn das Preisleistungsverhältnis stimmte wirklich. Bei Mr Kebab ist es immer noch voll, man sitzt mittlerweile auf bunten, indischen Kissen, die Wände sind asketisch weiß, es gibt diverse Longdrinks, der Laden ist hip geworden, die Qualität des Essens hat mächtig nachgelassen und das Iskender Kebab ist genauso kalt und schlecht wie überall.

Auf der Hälfte der Strecke kann man auch bleiben.

BOCK THERAPIE.

Schitlerweile sind omsere Poly Trickster ja richtige Allrounder geworden und das alle alles können bedeutet, dass schief geht was schief gehen kann, denn der Chief ist ziemlich schief gewickelt. Auf der schiefen Bahn sieht es auch nicht anderes aus und so mancher katapultierte sich mit murkswürdigen Sprechgesängen, direkt von der schiefen Bahn in den Chefsessel. Nun ist aber nicht jedes Mauwerk zum schiefen Turm berufen und wer schief blicken will, sieht am Kern der Sache vorbei. Gerade stehen will aber auch keiner mehr und rechte Winkel stehen schon seit längerem unter Generalverdacht. Wer offen spricht, rennt offene Türen ein, oder gegen die Wand, denn dazwischen gibt es nichts mehr. Nur im schiefen Winkel ist die Welt noch in Ordnung, denn dort werden krumme Dinger gedreht, bis die Fakten wieder gerade gebogen sind.

Als das Olympische Feuer, allgemein nur O-Feuer genannt, nach etwa vierzig Jahren im Schulterblatt, auf die gegenüberliegende Straßenseite zog und sich erheblich vergrößerte, verflog mit der Enge, den niedrigen Decken und den uralten Konzertplakaten an den nikotingelben Wänden, auch der etwas miefige Charme des Lokals. Das Essen wurde nicht besser, aber dafür gibt es jetzt eine dem Restaurant angegliederte Fußballbar, in der man rauchen darf, der Kultstatus hat sich mittlerweile verfestigt und der nach wie vor gut besetzte Laden avancierte zur Touristenattraktion. Auch das viel kleinere Plaka in der Schanzenstraße, hält sich nun schon seit über vierzig Jahren und wird in der zweiten Generation fort geführt. Unter der nicht besonders hohen Decke ist zur Dekoration ein Fischernetz angebracht, in dem ein paar im weiteren Sinne maritime Utensilien liegen und der Gastraum wird durch hölzerne Spaliere in mehrere Sektionen gegliedert. Auf den Tischen liegen wie seit Anbeginn rot oder blau weiß karierte Decken, die Tischkerzen stehen in Flaschen, die wahrscheinlich von einer mindestens dreißig jährigen Wachsschicht überzogen sind und an der Speisekarte hat sich in all den Jahren nichts wesentliches geändert. Die Pommes sind eigentlich immer angebrannt, die Lammfilets ordentlich durchgebraten und entsprechend zäh, die Preise sind gestiegen, was nicht der Qualität der Speisen geschuldet ist, sondern mehr dem erhöhten Aufkommen von Touristen im Viertel, aber die Atmosphäre ist nach wie vor gut, der Laden ist einfach gemütlich. Manchmal kommt der alte Chef an den Tisch, begrüßt besonders liebe Stammgäste persönlich und setzt sich auf ein Glas dazu. Er politisiert immer noch leidenschaftlich gerne und seine Ansichten über die Ungerechtigkeit der Welt sind wie eh und je. Früher kochte er einmal in der Woche selber und wenn man Glück hatte, gab es das von ihm zubereitete Gericht, dass dann wirklich gut schmeckte. Leider hat er diese Angewohnheit schon vor etlichen Jahren aufgegeben. Wer Wert auf wohl schmeckende und außerdem wohl bekömmliche griechische Küche legt, fährt besser nach Altona zum Kypros am Spritzenplatz. Dort kann man im Sommer komfortabel draußen speisen, der Spritzenplatz ist groß genug für die Tische und Stühle mehrerer anliegender Lokalitäten, die umliegenden Straßen sind verkehrsberuhigt und Touristenhorden vagabundieren hier nicht durch die Gegend. Die Bedienung, fast ausschließlich Männer, ist schnell und kompetent, trägt eng geschnittene Hosen und Hemden, etwas längere Haare, so denn vorhanden und ein etwas gockelhaftes Benehmen zur Schau. Das Essen ist auf wundersame Weise entölt worden, der Salat ertrinkt nicht in einer fettigen Einheitstunke und trotzdem schmeckt es unverkennbar griechisch. Auch das Kypros wird bereits in der zweiten Generation geführt und die dritte Generation ist schon seit einiger Zeit den Kinderschuhen entwachsen. Die Familie wohnt über den Räumen des Lokals und wer die Toilette im ersten Stock aufsuchen will, kommt an den schwarzweiß Bildern, aus den Anfangsjahren des Restaurants vorbei. Der Fischmarkt war noch nicht renoviert, die Häuser in der Hafenstraße wurden besetzt, langhaarige Studenten und Studentinnen demonstrieren vorm Kypros auf dem Spritzenplatz, die Polizei ist auch da im und Hintergrund parken am Straßenrand ein paar VW Bullis.

Blitze kann man nicht ölen.

PETZ FUNDSTÜCKE.

So bange omsere Poly Trickster nicht den Mut aufbringen zu sagen, dass es so nicht weiter gehen fun, wird es ganz bestimmt nicht weiter gehen. Schitlerweile ist Wachstum ein Synonym für Umweltzerstörung geworden und das Mantra fromm den Arbeitsplätzen gehört grundgründlich entsorgt. Nun ergibt sich aus der Reimsicht, dass Wachstum endlich ist, die unbequeme Stussfolgerung, dass wir das Vorhandene teilen müssen. Motzlalledem sind Teilhaber und Teilnehmer nicht immer Teile des Ganzen und die Zeit kennt sowieso keine Teilzeit, weil sie alle Zeit der Welt hat. Wer nun hinter der Zeit zurück bleiben will, geht mit der Zeit, sucht sich ein Zeitfenster und nimmt eine Auszeit vom Zeitdruck. Zeitfresser basteln eine Zeitbombe und drehen die Uhr ein Stück zurück, denn nur wer vor Zeit kommt, hat Zeit genug, auch wenn der Zug schon lange abgefahren ist.

Die hohe Dichte griechischer Lokalitäten, nicht nur auf St. Pauli, sondern im gesamten Stadtgebiet und auch in der Provinz, liegt wahrscheinlich einerseits, an den meistens moderaten Preisen der angebotenen Speisen und andererseits, an den nicht weniger beliebten Urlauben in Griechenland, die sich auch viele Jahre lang und teilweise sogar bis heute, in einem finanziell erschwinglichen Rahmen bewegten. Giros, Bifteki, Souvlaki, gebratene Auberginen und Zucchini, gefüllte Weinblätter, Taramas, Zasiki, Moussaka, Krautsalat, Basilikum, Oregano und Knoblauch, dazu zweifelhafte Musik von noch zweifelhafteren Abspielgeräten, dass Urlaubsfeeling schlecht hin. Der obligatorische Ouzo zur Begrüßung und oft auch zum Abschied, tut das Seine dazu und fördert die Verdaulichkeit, der meistens recht öligen Speisen, die gerne schwer im Magen liegen. Verdauen als Arbeit, in dieser Hinsicht ähnelt die griechische Küche der deftigen deutschen Gastronomie, die sie erfolgreich ablöste. Heute geht man zum Griechen, so wie in meiner Kindheit in ein Gasthaus mit deutscher Küche, Giros mit Pommes avancierte zum würdigen Nachfolger von Bratkartoffeln mit Buletten und aus dem Klaren für die Verdauung am Ende der Mahlzeit wurde ein Ouzo, oder auch zwei oder drei. In Krempe, einer sehr kleinen Kleinstadt mit dörflichen Charakter, etwa vierzig Kilometer nördlich von Hamburg gelegen, steht mitten am historischem Marktplatz ein wunderschönes, Jahrhunderte altes Rathaus. Die große Saal im ersten Stock wird noch ab und an für Gemeindeversammlungen genutzt, aber ebenerdig war schon von Anfang an ein Rasthaus, mit Zimmervermietung in den oberen Stockwerken untergebracht. Die komplett holzgetäfelte Gaststube ist noch im Originalzustand erhalten und wird weiterhin genutzt. Die Fenster sind klein, es ist warm und gemütlich, überall dunkles Holz, Wappen und andere Artefakte einer langen Vergangenheit. Die breiten, mit der Zeit schwarz gewordenen Bodenbohlen, gezimmert aus dem Holz von Bäumen, die vor Jahrhunderten schon Jahrhunderte alt waren, erinnern sich wahrscheinlich noch an die Zeit vorm dreißig jährigen Krieg und wer dort sitzt, wird Teil einer langen Geschichte. Sobald die Witterung es zu lässt, kann man draußen vorm alten Rathaus auf dem Marktplatz speisen, die wie aus der Zeit gefallene, ländliche Ruhe genießen und am Rande des Blickfelds schleichen Katzen auf dem Weg zu ihren nächtlichen Abenteuern vorbei. Viele Jahre dümpelte der Laden vor sich hin, es gab deutsche Küche, einige Jahreszeit abhängige Fischgerichte, trockene Kuchen und Eis. Dann gingen die Betreiber in Rente und der neue Pächter kochte richtig ambitioniert und gut. Das Essen schmeckte super, aber es war dem Gaumen und dem Magen bekömmlicher, als dem Portemonnaie der meisten Gäste, die immer spärlicher wurden. Nach zwei Jahren musste der neue Pächter aufgeben und ein Grieche übernahm das Lokal und den Hotelbetrieb. Die Preise wurden wieder moderat, das Essen wie beim Griechen und der seitdem durchgehend gut besetzte Laden mutierte zu einer wahren Goldgrube. Das Essen ist von bewährter griechischer Öligkeit, die sogar auf die Bratkartoffeln überging, die wahlweise immer noch bestellt werden können. Die Portionen sind richtig groß, ein leer gegessener Teller, ist für das Landvolk noch immer ein schwer tolerierbarer Affront und der Grieche im Rathaus zu Krempe.hält sich daran.

Die Zeit setzt keine Zeichen.

KRYPTO GÄRUNG.

Warum Zahlen gewöhnlicherweise rot oder schwarz geschrieben werden und nicht grün oder blau, könnte eine Folge davon sein, dass man rot oder schwarz sehen kann, aber nicht grün oder blau und darum braucht, wer sich schwarz ärgert eine rosarote Brille, oder eine kalte Dusche. Um mit grünen Daumen ins Blaue zu reisen, bedarf es einer gewissen Blauäugigkeit, denn auch krumme Wege führen zum Ziel und selbst passionierte schwarzweiß Seher wissen, dass giftgrüne Giftschlangen und grüne Oasen einander so wenig widersprechen, wie blaue Flecken blauen Lagunen. Wer Farbe in sein Leben bringen will, fällt am besten in einen Farbeimer, wer Ordnung vorzieht, wird weiß wie die Wand und dazwischen geht auch noch allerhand. Wirklich problematisch wird es eigentlich nur, wenn das Gelbe vom Ei gelbstichig wird und weiße Mäuse über die Tische tanzen.

An der Emilienstraße endet der Wehberspark und es geht rechts weiter durch die Emilienstraße bis zur Ecke Emilienstraße / Tornquiststraße. Beide Straßen sind schmal und beidseitig mit hohen, alten Bäumen bestanden, so das der parkartige Charakter des Weges noch ein wenig erhalten bleibt. Wer dann an der Ecke links in die Tornquiststraße abbiegt, erreicht nach kürzester Zeit das Gelände des Hamburg Eimsbütteler Ballspielclubs. Die Anlagen sind üppig mit den unterschiedlichsten Graffiti verziert, die Qualität der Werke reicht von Schmiererei bis Kunstwerk und die plötzliche Häufung der kreativen Ausbrüche lässt auf einen tieferen Zusammenhang zwischen Vereinssport und Straßenkunst schließen. Zwischen dem Fußballplatz links und der Tenisanlage rechts, geht es weiter bis zum Heußweg. Schon von weitem springt einen die quietsch bunte, von blinkenden Lichterketten unterstützte Plastik Dekoration des Kimchi, eines koreanischen Restaurant an der Ecke Tornquiststraße / Heußweg ins Auge. Jedes mal wenn wir mit diesem optischen Angriff konfrontiert wurden, nahmen wir uns vor, dort essen zu gehen, in der magischen Hoffnung, dass die Qualität der Speisen, denen der Außendekoration diametral entgegengesetzt sei. Vielleicht handelt es sich aber auch nur um den verzweifelten Versuch, der brutalen Tristesse des Heußweg zwischen Fruchtallee und Osterstraße etwas entgegenzusetzen. Auf der anderen Seite des Heußweg liegt die grüne Oase des Unnaparks, dort kann man die Stadt bis zur Schwenckestraße noch mal vergessen, aber unser Freund wohnte an der Ecke Heußweg /Stellingerweg, wo man bei guten Wetter vorm La Paz draußen sitzen kann. So wandelten wir denn am Rande einer brüllend lauten Verkehrsader, vorbei an der Henriettenstraße bis zur Ecke Heußweg / Osterstraße. Dort geht es links über die Schwenckestraße und den Hellkamp bis zur Methfesselstraße und rechts wieder Richtung Emilienstraße. Kurz hinter der Kreuzung Osterstraße / Emilienstraße liegt auf der linken Seite das Xenios bei Themi, ein griechisches Lokal, das wir einige Jahre lang gerne besuchten. Das Restaurant selber ist recht dunkel und befindet sich im Souterrain, aber die Betreiber haben auf dem vorgelagerten Bürgersteig einen Zeltartigen Vorbau aus Plastik aufgebaut, der wenig ökologisch von zwei Heizpilzen temperiert wird. Besonders gut funktioniert das nicht, entweder ist es fast tropisch warm, wenn die Heizpilze dann auf Wunsch der schwitzenden Gäste runter gedreht werden, fällt die Temperatur nach kürzester Zeit unangenehm ab und außerdem zieht es meistens fürchterlich. Trotzdem ist der Pavillon vom späten Nachmittag bis zur Schließung des Lokals rappelvoll, denn es ist immer noch angenehmer dort, als unten im dunklen Souterrain zu sitzen. Die Tische stehen dicht an dicht, wenn man aufstehen will, müssen die Gäste vom Nachbartisch auch aufstehen, anders geht es nicht. Insgesamt erzeugen der improvisierte Aufbau, die klimatischen Schwankungen und die Enge fast so etwas wie Ferienstimmung, außerdem verteilt das ein bisschen zu joviale Serviceteam immer wieder Ouzo Runden unter den Gästen, die auf Kosten des Hauses gehen. Erstaunlicherweise schmeckt das Essen sogar ganz gut, wovon auch das mit Familienfesten und Firmenfeiern gut besetzte Souterrain zeugt.

Mit Steuern kann man steuern.

TRATSCH MÄNNER.

Das alte Schweden keine jungen Pferde sind, versteht sich von selbst, aber wenn junge Hunde vom Himmel regnen, bleiben alte Schachteln besser zu hause. Wer nun mit Schachtelhalmen Häuser bauen will, hält den Deckel besser auf dem Topf und lässt fünf gerade sein, denn es ist schon seit längerem fünf vor zwölf. Zwölf Uhr Mittags ist auch nicht mehr, was es mal war und wer heute noch Sterne vom Himmel holen will, steht besser zwölf Stunden später auf. Das es nie zu spät ist, glauben sowieso nur notorische Zuspätkommer, aber die Uhr läuft ewig im Kreis. Wer dann noch quer einsteigen will, darf nicht in der Ecke stehen bleiben und Stellen wollen auch nicht getreten, sondern gestreichelt werden. So wird die Stellung gehalten, wenn es zur Sache geht und auch wenn vieles nicht hält was es verspricht, spricht doch die Sache für sich und die Katze ist endlich aus dem Sack.

Der Sommer war schön und ein paar Wochen später machten wir einen zweiten Versuch. Der Garten wirkte ein wenig verwaist und war trotz des herrlichen Wetters nur spärlich besetzt, die beiden Grazien aus dem Service waren verschwunden und der Chef kam selber an den Tisch und nahm die Bestellung auf. Als wir nach der netten Servicekraft fragten, die ihn bis zum Drama mit der Baustelle zur Seite gestanden hatte, reagierte er etwas verlegen und konnte nicht wirklich erklären, warum sie gegangen war. Auf Tapas verzichteten wir lieber und entschieden uns für eins, der drei noch vorbliebenen Gerichte von der ursprünglichen Speisekarte. Das Ergebnis fiel eher mäßig aus und besonders schwer wog, dass das Steak, obwohl auf Nachfrage des Chefs so bestellt, nicht rare war, sondern schon etwas über well done hinaus, anscheinend hatte sich in der Küche wenig getan. So nahmen wir dann Abstand von weiteren Besuchen. Als wir im Frühjahr des folgenden Jahres wieder einen Spaziergang zum Heußweg machten, war der Laden geschlossen und ein paar Monate später machte ein neues Lokal in den Räumlichkeiten auf. Leider hatten die neuen Betreiber keinerlei Sinn für Blumen und der Garten verwandelte sich von einem kleinen, grünen Paradies in eine öde, mit Kunstrasen ausgelegte Fläche. Hinterm Bunker zieht sich der Wehberspark, mehr schmal als breit und immer wieder unterbrochen von Verkehrswegen, bis zum Heußweg. Balkonien blüht und treibt manch exotische Blüte, auf der Rückseite der Häuser präsentiert sich eine viel entspanntere Wohnkultur, als auf der der zur Straße gewandten Seite. Das geht von tropischen Oasen, über Augen schmerzenden Wüsten bis zu Rumpelkammern und entfaltet einen ganz eigenen Charme. So offenbart die Rückseite der Häuser denn ungleich mehr über ihre Bewohner, als die Vorderseite und jeder Balkon erzählt eine Geschichte. Nach der Meißnerstraße und dem Eppendorferweg, die relativ problemlos zu überqueren sind, macht sich die Stadt dann wieder mit der mehrspurigen Schneise des Ring Zwei bemerkbar. Wenn man dieses Hindernis erfolgreich hinter sich gelassen hat, herrscht bis zur Emilienstraße erst mal Ruhe. Die Grünanlagen werden breiter, sind Baum bestanden, von Einrichtungen für Senioren, allein erziehende Mütter, sozial schwache und sozial engagierte, Jugendliche und Kinder gesäumt. Sinnvollerweise ist die Skaterbahn direkt neben das Therapiezentrum für Senioren gebaut worden, so wissen Alt und Jung immer was sie voneinander haben. Am Rand der Grünflächen laden etliche, mit dilettantischen Liebesschwüren, Obzönitäten und anderen mehr oder weniger originellen Sprüchen und Symbolen verzierte Bänke zum verweilen ein, oder dienen Obdachlosen als temporäre Schlafstätten. Unter den großen Kronen der Bäume ist es angenehm schattig, die Stadt verzieht sich wieder in den Hintergrund. Rabenkrähen hüpfen herum, Tauben nisten artgerecht in den Bäumen und manchmal ruhen sich auch ein paar verirrte Wasservögel auf den städtischen Rasenflächen aus. Natürlich fehlen die obligatorischen Grillrunden nicht, Einheimische und Migranten brutzeln ihre bevorzugten Spezialitäten, vergnügen sich mit Frisbee oder Federball und am Rande des Blickfelds spielen sich, nicht nur unter den unermüdlich gurrenden Tauben, kleine Liebesdramen ab.

Besser unter einer Decke stecken, als im Regen stehen bleiben.

PHRASEN DUSCHE

Murkswürgigerweise führte das Schmusammenwachsen der Welt ja zum Rauschreimander driften der Gesellschaften. Handel ist halt nicht gleich Lebenswandel und Waren ersetzen keine Werte. Bähständig sind sowieso nur Wahnvorstellungen und um das letzte Wort muss man sich nicht reißen. Wo Gartenzwerge noch das Sagen haben, werden sicher keine Meister vom Himmel fallen und Meisen eignen sich ganz bähstimmt nicht für die Käfighaltung. Wer nun seiner Meise freien Lauf lässt, wird mit dem Blauen vom Himmel belohnt und darf eine Runde rauschsetzen. Ob runde Sachen besser sind als eckige Hüte oder haarige Angelegenheiten, kann hier nicht entschieden werden, laber om den heißen Brei sollte man besser einen großen Bogen machen. Das Eckensteher um die Ecke denken stimmt auch nicht, aber dafür stehen sie um so besser im Weg, der ja das Ziel ist, über das man meistens weit hinaus schießt.

Schräg gegenüber vom Bacana Cafe liegt hinter Bäumen ein großer Spielplatz und daneben befindet sich, in einem der unsäglich hässlichen Gebäude, mit denen die Stadt Hamburg ihre Baulücken zugepflastert hat, eine der unvermeidlichen Filialen der Drogeriekette Budnikowsky, aber auf der rechten Seite stehen noch die schönen alten Häuser der Gründerzeit und des Jugendstils. Direkt an der Ecke Belleallianestraße / Weidenallee / Fruchtallee residiert eine rot geklinkerte Dependance der Hamburger Sparkasse, in deren verglastem Eingangsbereich ich zu später Stunde eine verirrt im Kreis laufende Maus beobachtete, die dann doch noch glücklich den Ausgang fand. An der bis zu acht Spuren breiten Fruchtallee angekommen, überwältigt einen der brausende Lärm des Autoverkehrs. Die brutale Schneise als Verkehrsader zu bezeichnen, mutet dann doch ein wenig euphemistisch an, es handelt sich eher um einen reißenden Strom motorisierter Vehikel jeder Größe. Mit Hilfe einer zweigeteilten Ampelanlage kann man dieses Hindernis halbwegs sicher überqueren und auf der gegenüber liegenden Seite vor der Christuskirche ankommen. Dort geht es entweder fast geradeaus auf der Hohen Weide Richtung Kaifu weiter, oder leicht links versetzt in den Weidenstieg, über den die Badeanstalt auch erreicht werden kann, denn es handelt sich mittlerweile um ein riesiges Bäderland. Wenn man den Weidenstieg wählt, erreicht man nach kürzester Seit einen alten Bunker, dort kann man links auf einen schmalen Pfad abbiegen und ziemlich unbeläßtigt vom Lärm des Straßenverkehrs, zwischen den Rückseiten der Häuser durch die Grünanlagen des Wehbers Park weiter flanieren. Der Bunker wird von hohen Pappeln flankiert und gegenüber vom Bunker befand sich viele Jahre lang ein Gartenlokal mit mediterraner Speisekarte. Der Laden florierte, der Garten, etwas gewöhnungsbedürftig mit Kunstrasen ausgelegt, war üppig mit Blumen bestückt, wurde liebevoll gepflegt und die Pflege der Blumen erstreckte sich bis auf die Randstreifen des vorgelagerten Bürgersteigs. Leider war das Paradies nicht von Dauer, an der Ecke Weidenstieg / Eschenstieg entstand im Zuge der Sielerneuerung eine riesige Baustelle, die es so gut wie unmöglich machte noch halbwegs gepflegt im Garten des Restaurants zu sitzen. Die Untergrundarbeiten zogen sich in die Länge, die Gäste blieben fern und als des Lokal nach über einem Jahr mit neuer Speisekarte wieder eröffnete, ging erst mal alles schief. Der Inhaber war auf Tapas umgestiegen, die noch übungsbedürftig ausfielen, was dem Publikum gar nicht gefiel, aber noch viel schwerwiegender wirkte sich die Unfähigkeit der neuen Servicekräfte aus. Die Gäste, verwöhnt durch eine schnelle, humorvolle und eloquente Serviererin, die den ganzen Laden voll im Blick und im Griff gehabt hatte, wurden mit zwei noch nicht endgültig der Pubertät entwachsenen Mädchen, aus der Verwandtschaft des Inhabers konfrontiert. Sie stolperten zwischen den Tischen herum, brachten die Bestellungen durcheinander und führten sich obendrein auf, als würden sie den Gästen eine Gnade erweisen. So endete der Abend der Neueröffnung mit einem veritablen Desaster.

Schwarze Kassen sind die schwarzen Löcher der Ökonomie.

KNIRSCH GRÜTZE.

Ätz ist schon quer schaurig, dass ein Kandidat, der sich öffentlich für die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien eingesetzt hat, genau aus diesem Grund scheitert. Omgekehrt wird ein Seichtspüler draus und aus Recht wird Recht machen. Den Rechten wirrt es recht sein und wer schwarz sieht, wählt noch lange nicht grün. Spielleicht wäre ein Losverfahren schitlerweile demokratischer und ohne Rotationsprinzip fliegt der Laden sowieso in absehbarer Zeit auseinander. Wozu brauchen wirr ein hoch bähzahltes Parlament, das nicht mal seinen Präsidenten selbst bestimmen kann. Genau bähsehen handelt ätz sick om Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf höchstem Niveau, die langsam viel zu teuer werden. Laber wo die Arbeit immer weniger wirrt, muss es ja wenigstens so aussehen, als wenn gearbeitet werden würde und nicht nur gespielt, wie im Casinokapitalismus.

Viele Jahre lang wohnte einer meiner besten Freunde in Eimsbüttel am Heußweg. Die Strecke vom Schulterblatt bis zum Heußweg ist, wenn das Wetter nicht gerade ganz und gar scheußlich ist, ideal für einen Spaziergang geeignet. Am Schulterblatt selber tobt ja mittlerweile meistens der Bär und es ist kein besonders gut erzogener Bär, man kann ihn ohne weiteres als entsetzlich geschmacklos gekleideten, viel zu lauten und angetrunkenen Problembären bezeichnen. Die Problembärenstrecke reicht bis zur Ecke Susannenstraße / Schulterblatt, auf der Piazza tummeln sich bei schönem Wetter ganze Horden von Problembären und das Stück von der Susannenstraße bis zur Ecke Bartelsstraße ist ebenfalls schwer verseucht. In warmen Sommernächten herrscht dort der Geräuschpegel einer voll besetzten Badeanstalt und in der ganze Straße riecht es wie in einem schlecht gelüftetem Frittenimbiss. Sobald man links in die Bartelsstraße abbiegt, ändert sich das Bild ganz schnell. Neben dem türkischen Supermarkt, der seit mindestens drei Jahrzehnten mit wechselnden Besitzern, die gesamte Ecke auf der linken Seite beherrscht, hält sich immer noch das Astrocafe, einer der wenigen Läden im Viertel, die bisher allen Veränderungen getrotzt haben. Bis zur Eisenbahnbrücke wird es dann immer ruhiger, links der Abenteuerspielplatz und rechts die Schule. Hinter der Eisenbahnbrücke, auf der Altonaerstraße braust der Verkehr unter den hohen Platanen und auf der anderen Seite der Altonaerstraße beginnt Eimsbüttel und es wird grün. Die Bartelsstraße wird zum Fußgängerweg und schlängelt sich durch die Grünfläche des Lindenparks, aber auch die parallel dazu verlaufende Vereinsstraße ist ruhig und beidseitig mit Bäumen bestanden. Fritz und Hannah, die zusammen mit Johannes für etliche Wandbilder im Viertel und im Hof des Kulturvereins Magaretenkneipe verantwortlich sind, wohnen immer noch dort. An der Ecke Vereinsstraße / Margaretenstraße hat sich eine uralte Nachbarschaftskneipe mit Kegelbahn, mittlerweile der aktuellen Entwicklung angepasst, den Namen geändert, die Preise erhöht und Stühle und Tische auf den Bürgersteig gestellt. Kurz darauf trotzt die Bar 439 jeglichen Erfordernissen von Hippness und Profit und bietet den Verrückten des Viertels immer noch ein gemütliches Wohnzimmer. Dann wird es bis zur Ecke Vereinsstraße / Bellealliancestraße wieder ruhig. Dort kann man in Mareas Tapas Bar ganz wunderbar draußen sitzen, Tapas essen, die Fassaden der schönen alten Häuser der Bellealliancestraße bewundern und himmelwärts in die Kronen der hohen Bäume schauen. Glücklicherweise haben die Touris diese Ecke noch nicht entdeckt. Die Bellealliancestraße, die wenn man sich nach links wendet hinter der Eimsbüttlerchaussee zur Waterloostraße wird, verbindet den Doormanssweg mit der Kreuzung Fruchtallee / Schäferkampsallee, dort wo die Christuskirche steht und der Durchgangsverkehr, wie auch am Doormannsweg, Stadt ein und auswärts tobt. Wendet man sich an der Ecke bei Mareas Tapas Bar nach rechts, geht es erst mal unter Bäumen weiter bis zur Ecke Bellealliancestraße / Fettstraße, die anders als ihr Name vermuten lässt ganz bezaubernd ist. Dort konnte man bis zur letzten Saison im Bacana Cafe, draußen unter den alten Bäumen sitzen und Bundesliga sehen, ein Angebot das von den Anwohnern gerne wahr genommen wurde. Der Chef war selber Fan, unglücklicherweise des noch viel unglücklicheren Hamburger Vereins mit der Raute. Nach dem verpassten Wiederaufstieg, hat er den Laden an einen Griechen verkauft, der zwar den Namen übernommen hat, aber das Angebot geändert. Nun gibt es Gyros, Tsatsiki und Ouzo ohne Fußball.

Sterne sollte man nicht vom Himmel holen.

MECKER KARTE

Lang vergangen die Zeiten, da wir Karola beim Krabben pulen zugesehen haben und der Wind noch nach Maria rief, denn Karola ist jetzt Kapitänin und fährt selbst zur See. Das sie anstatt die Krabben zu pulen, sie nun fängt, ist auch nicht anzunehmen, denn selbst Krabben müssen mittlerweile geschützt werden und im Krill war Karola auch schon unterwegs. Mein Großvater liebte Wilhelm Busch und pflegte junge Frauen, die ihm angenehm ins Auge fielen, als seute Krabbe zu bezeichnen, was so wahrscheinlich gar nicht mehr geht. Ob Karola nun eine seute Deern ist, oder eine saure Zitrone, wird spätestens die Geschichte entscheiden, wir wünschen ihr auf jeden Fall viel Glück, denn sie zeigte Mut vor Herren und vor Thronen. Die Karten werden sowieso immer wieder neu gemischt, aber die Gewinner von heute, sind meistens auch die Gewinner von morgen und nur wer falsch spielt, behält den Überblick.

Die Griechen ersetzten den gerodeten und zu Schiffen verarbeiteten Wald, dann durch die eleganten, zum Himmel strebenden Säulen ihrer Tempel, von denen einige noch heute stehen. Trotzdem hat ein Spaziergang zwischen Säulen, nicht die Qualität eines Waldspaziergangs und obendrein produzieren Bäume, ganz im Gegensatz zu Säulen, Sauerstoff, dass Element in dem wir leben. Als Bäume noch heilig waren und Heiligtümer heilige Haine, war die Welt unendlich viel vielfältiger und bot Lebensraum für viele Lebewesen, die mittlerweile ausgestorben sind oder vom aussterben bedroht. Der Baum des Lebens wurzelt in der Unterwelt, steht in unserer Welt und reicht mit seiner Krone bis in den Himmel. Zwar streben Hochhäuser auch hoch in den Himmel, aber sie streicheln ihn nicht, sondern kratzen das Wolkenland, wie schon ihr englischer Name sagt und auch ihre Geschwister, die riesigen, künstlichen Vögel aus Stahl, kratzen hässliche Spuren in das Blau des Himmels. Vielleicht sollten wir uns doch wieder an die alte Lebensweisheit erinnern, die dazu auffordert ein Haus zu bauen, einen Baum zu pflanzen und ein Kind zu zeugen, zumindest wäre es sicherlich sehr sinnvoll, für jedes in diese Welt geborene Kind einen Baum zu pflanzen, oder besser gleich zwei. Die Indianer des südamerikanischen Regenwaldes, nennen den Wald die Haut ihrer Welt und wo die Welt gehäutet wird, da stirbt sie. Zu den schönsten Episoden von Tolkiens Trilogie „Der Herr der Ringe“, gehört die Welt der Waldleben, das Land Lothlorien, mit seinen goldenen Mallorn Bäumen. Im Reich der Königin Galadriel ist die Welt noch heil, aber schon bedroht von Sauron, dem abgrundtief bösen Herrscher von Mordor. Bezeichnenderweise zerstören die Orks den Wald von Mittelerde wo sie können, so wie es noch heute zum Zweck der Gewinnsteigerung multinationaler Konzerne geschieht. Das am Rande des letzten G 20 Gipfels in Japan unterzeichnete Freihandelsabkommen der EU mit den Mercosur Staaten Südamerikas, könnte auch als gigantisches Waldvernichtungsprogramm bezeichnet werden und obwohl der Ring der Macht zerstört wurde, wirkt Saurons zerstörerischer Geist weiterhin fort. Dieses Jahr ist die Birke im Hinterhof über die Dachfirste hinaus gewachsen. Sie ist mittlerweile mindestens zwanzig Meter hoch und mindestens zwanzig Jahre alt. Jörn und Christian haben sie von meinem Balkon runter getragen, als ihre Vorgängerin einem orkischen Irrtum zu Opfer fiel. Der Blumentopf in dem sie sich angesiedelt hatte, war ihr schon lange viel zu klein geworden. Godies Freund von den Philippinen grub ein stattliches Loch und wir pflanzten sie ein. Sie war noch klein als Jörn starb. Viele Jahre winkte ich ihr von oben zu und dachte an Jörn und nun spendet sie dem ganzen Haus Schatten, kühlt den Hinterhof und bietet etlichen Vögeln und Insekten Lebensraum. Elegant tanzt sie mit dem Wind, wispert und rauscht und lässt die Gedanken fliegen und wenn im Herbst ihr Grün sich langsam golden färbt, bleibt der goldene Kosmos ihrer Krone, oft bis weit in den November stehen und leuchtet durch das Grau des Hinterhofes, als wäre sie ein Mallornbaum.

Wer vom Fleck kommt, bekommt den Fleck weg.